Mehr psychische Leiden wegen Corona - doch es gibt Hilfe
Die Corona-Schutzauflagen führen bei mehr Niedersachsen zu psychischen Krisen. Hauptgrund sind die Kontaktbeschränkungen zu Familie und Freunden. Betroffene finden aber Unterstützung.
Und die scheint notwendig: Wegen der Isolation vieler Menschen steigt die Gefahr, in eine längere depressive Phase abzurutschen. Das Ameos-Klinikum in Osnabrück bietet betroffenen Personen Telefongespräche mit Experten an. Eine Hotline ist jeden Tag für eine Stunde geschaltet. Dort sitzen Psychologen, die den Anrufern zur Seite stehen und Tipps geben, wie sie belastenden Konsequenzen auf die Corona-Auflagen entgegenwirken können, damit die Seele stabiler wird.
Experte: Soziale Medien und Video-Telefonate nutzen
Bernhard Croissant, Professor und Leiter des psychiatrischen Krankenhauses in Osnabrück, sagt, er versuche seine Anrufer zu ermuntern, über soziale Medien oder Video-Telefonate in Kontakt zu bleiben. Auch ein Geburtstag oder Weihnachten könne online gefeiert werden.
"Corona ist kein Sprint, sondern ein Marathon"
Die leitende Psychologin Claudia Schulz rät den Betroffenen zu prüfen, ob es zum Beispiel Hobbys gibt, die wieder aufgegriffen werden können. "Jetzt merkt man, dass die Menschen auch ein bisschen Corona-müde werden", so Schulz. Alle würden nun merken, die Pandemie sei eben kein Sprint, sondern ein Marathon.
Raus in die Natur - mit Abstand und Freunden
Nach Ansicht der Psychologin kann auch einfach mal ein Spaziergang draußen in der Natur hilfreich sein. Auf Abstand könne das auch mit Freunden unternommen werden.
Angst vor Quarantäne-Zeit ist quälend
Viele Anrufer würden sich auch in Osnabrück melden, wenn ihnen die Quarantäne droht. Sie seien zum Teil hilflos und hätten Angst vor dem Zeitraum, in dem sie ihr Zuhause nicht verlassen dürften, heißt es. Die Psychologin Schulz rät den Menschen dann, schon einmal zu planen, was die Betroffenen nach der Quarantäne auf die Beine stellen könnten. So wird den Betroffenen eine Perspektive eröffnet, damit es für sie nicht ganz so düster ist.
Zudem melden sich den Experten zufolge Personen, die noch auf ihr Testergebnis warten und daher unruhig sind. Ähnlich geht es Menschen, die befürchten, dass ihre Angehörigen sich mit dem Virus anstecken könnten.
Telefonseelsorge öffnet mehr Leitungen
Wie sehr die Sorgen die Menschen umtreiben, spürt auch die Telefonseelsorge in Niedersachsen. Die Zahl der Anrufer hat zugenommen - um bis zu 20 Prozent. Deshalb wurden nun mehr Leitungen geschaltet. Die Mitarbeiter dort machen ihren Job ehrenamtlich. Sie sind rund um die Uhr erreichbar, an sämtlichen Tagen im Jahr. Die sechs regionalen Telefonseelsorge-Anschlüsse werden von der evangelischen Landeskirche Hannover organisiert.
60 Prozent erleben Corona-Zeit als bedrückend
Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe hat nach einer Befragung festgestellt, dass 60 Prozent der Menschen die Corona-Zeit bislang als bedrückend erlebt haben. Vor allem jüngere Altersgruppen, zwischen 20 und 50 Jahren, hätten unter den Kontaktbeschränkungen gelitten. Sie spürten einen regelrechten "Corona-Blues".
Die Hotline des Ameos-Klinikums in Osnabrück ist wochentags von 10 bis 11 Uhr geschaltet. Die Telefonnummer lautet (05 41) 31 31 96. Die Telefonseelsorge hat die Nummer (0800) 11 12 017.
