Die Sonne scheint durch einen der vielen Strommasten im Umfeld des Atomkraftwerks Lingen (Emsland). © picture-alliance/dpa Foto: Bernd Thissen

Lies: AKW-Streckbetrieb "lenkt von eigentlicher Lösung ab"

Stand: 29.07.2022 11:15 Uhr

Niedersachsens Umweltminister Lies hat sich gegen eine Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken ausgesprochen. Er zeigt sich aber offen für einen kurzfristigen Streckbetrieb über den Winter.

Ein möglicher Streckbetrieb der Atommeiler bedeute nur, dass die Brennelemente in Kernkraftwerken optimal ausgenutzt würden, so Olaf Lies (SPD). In Niedersachsen sieht Lies dafür aber keine Spielräume. Im Emsland erwarte er nach dem geplanten Stresstest keinen Betrieb des Atomkraftwerks in Lingen über das Jahresende hinaus. Auch der Betreiber RWE hatte einer Verlängerung bereits eine Absage erteilt. Bei den Stresstests untersuchen die vier großen Betreiberfirmen der Stromnetze anhand von sogenannten Worst-Case-Szenarien, ob im Winter Versorgungsengpässe beim Strom drohen könnten - auch regional.

Olaf Lies: Atom-Debatte ist politisch motiviert

Bei NDR Info verwies Lies auf die Notwendigkeit, in der aktuellen Atom-Diskussion zu differenzieren. In diesem Winter gehe es um den Streckbetrieb für einige AKW. Dies dürfe aber nicht zu einer politisch motivierten Diskussion um den Ausstieg aus dem Ausstieg führen. Die Debatte lenke von der eigentlichen Lösung ab: den erneuerbaren Energien. Bei deren Ausbau hake es - das müsse sich ändern.

Der derzeitige Stresstest schaffe die sachliche Grundlage, um über den Streckbetrieb zu entscheiden. Das AKW Lingen nahm er ausdrücklich davon aus. "Die Beladung reicht nicht mal aus, um Volllast bis zum Ende des Jahres zu fahren." In Süddeutschland sehe das anders aus, sagte der niedersächsische Umweltminister und derzeitige Sprecher der Energieministerkonferenz.

König: Tschernobyl und Fukushima haben Zerstörungskraft von Atomkraft gezeigt

Der Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung, Wolfram König, reagierte ebenfalls skeptisch auf Forderungen nach längeren Laufzeiten oder einem möglichen Wiedereinstieg in die Atomenergie. "Wichtigster Maßstab im Umgang mit der Hochrisiko-Technologie Atomkraft ist und bleibt die Sicherheit", sagte König dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Donnerstag). Hier gebe es weiterhin zahlreiche Fragen, etwa nach der fehlenden periodischen Sicherheitsüberprüfung der noch laufenden Meiler. Außerdem sei die Frage der Endlagerung hochradioaktiver Atomabfälle noch nicht beantwortet. "Reaktor-Katastrophen in Tschernobyl und Fukushima haben uns die Zerstörungskraft dieser Energieform gezeigt, und neue Bedrohungsszenarien in Form von kriegerischen Aktivitäten haben wir nahezu live in der Ukraine gerade miterleben müssen", mahnte König. "Diesen Gefahren zu begegnen und sie weitestmöglich auszuschließen ist von überragender Wichtigkeit." Derzeit ist geplant, dass die drei letzten deutschen Kernkraftwerke Ende des Jahres vom Netz genommen werden.

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Das Kernkraftwerk Emsland in Lingen. © picture alliance / Ingo Wagner/dpa Foto: Ingo Wagner

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 28.07.2022 | 12:00 Uhr

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