Ein Jahr Corona-Impfung: Zwischen Lichtblick und Ernüchterung
Als vor einem Jahr in Niedersachsen die Impfkampagne startete, waren die Hoffnungen groß. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sprach damals etwa von einem "echten Lichtblick". Wo stehen wir heute?
Inzwischen ist Weil zurückhaltender. "Ich war vor einem Jahr um diese Zeit optimistischer", sagte der Ministerpräsident der Deutschen Presse-Agentur. Er habe die Hoffnung gehabt, dass die Gesellschaft mit den Impf-Möglichkeiten Herr der Lage werden könne. "Heute weiß ich, dass es sich bei Corona um einen enorm hartnäckigen Gegner handelt", so Weil. Seine neue Hoffnung ist eine hohe Impfquote. "Wir brauchen eine Impfquote von deutlich über 90 Prozent bei den Erwachsenen", sagte Weil der DPA. Zuletzt waren in Niedersachsen rund 83 Prozent der Über-18-Jährigen grundimmunisiert.
Bürger haben sich mehr erhofft
Bei Bewohnern und Mitarbeitenden des Pflegezentrum Schlüter in Bad Rothenfelde (Landkreis Osnabrück) fällt die Zwischenbilanz gemischt aus. So etwa bei Bewohner Ernst Heske. Der mittlerweile 94-Jährige war vor einem Jahr einer der ersten Menschen in Niedersachsen der gegen das Coronavirus geimpft wurden. Zu wissen, dass an die älteren Menschen gedacht werde, sei damals "herrlich" gewesen, sagt Heske nun dem NDR Regionalmagazin "Hallo Niedersachsen". Und heute? "Erhofft habe ich mir mehr", erzählt Heske. Insbesondere von der allgemeinen Bereitwilligkeit zur Impfung habe er mehr erwartet. Man dürfe die Hoffnung aber nicht verlieren, dass man "die Seuche in den Griff bekommt", so der 94-Jährige.
Verständnis - trotz zusätzlicher Belastungen
Seit der Erstimpfung von Ernst Heske ist viel passiert. Alle der etwa 100 Bewohner im Haus Schlüter sind mittlerweile geimpft und geboostert. Bei den Pflegekräften der Einrichtung sind mehr als 90 Prozent doppelt geimpft. Gegenüber der Corona-Lage im Dezember 2020 fühlen Bewohner und Pflegekräfte sich sicherer. Die Pandemie hat allerdings Spuren hinterlassen. Die Arbeit sei durch notwendige Schutzmaßnahmen wie Masken anstrengender geworden, sagt Pflegerin Sylvana Möller. Auch die Stimmung habe etwa durch Verbote gelitten. Wie Möller hat auch Heimleiter Jochen Schlüter zwar Verständnis für die Maßnahmen - er spürt aber auch zusätzliche Belastungen. Dazu gehören etwa die Kontrolle von Impfnachweisen oder die Organisation von Terminen für Booster-Impfungen. Dies komme zu den üblichen Arbeiten hinzu, sagt Schlüter.
Fast 15 Millionen Impfdosen verabreicht
Seit Beginn der Impfkampagne in Niedersachsen am 27. Dezember 2020 haben laut Robert-Koch-Institut landesweit mehr als sechs Millionen Menschen ihre Erstimpfung erhalten. 5,8 Millionen Zweitimpfungen und mehr als drei Millionen Booster-Impfungen wurden zudem seitdem verabreicht (Stand: 27.12.2021).
