Ein Taucher nähert sich unter Wasser einem versenkten Munitionsrest. © picture alliance/dpa/Forschungstauchzentrum CAU Kiel/Jana Ulrich Foto: Jana Ulrich

Munitions-Altlasten in der Nordsee: Zu wenig Geld für Bergung

Stand: 29.06.2022 07:04 Uhr

1,6 Millionen Tonnen Munition aus dem Zweiten Weltkrieg liegen noch in Nord- und Ostsee. Die Bundesregierung hat versprochen, sie schnell zu bergen. Aber die Finanzierung ist noch immer nicht gesichert.

von Katharina Seiler

Sie werden beim Ausbaggern von Fahrrinnen gefunden, beim Verlegen von Kabeltrassen für Offshore-Windparks oder von Wattwanderern zum Beispiel vor Cuxhaven, Wangerooge oder in der Außenweser: britische Brandbomben, deutsche Spreng-Panzergranaten, Seeminen und Munitionsteile. Ein Großteil der insgesamt 1,6 Millionen Tonnen Altlasten in Nord- und Ostsee liegt vor der niedersächsischen Küste. Die Gefahr, die von der mehr als 70 Jahre alten Munition ausgeht, wird mit den Jahren nicht etwa kleiner, sondern immer größer, wie Claus Böttcher dem NDR in Niedersachsen sagte. Böttcher koordiniert die Bergungsaktivitäten für die norddeutschen Küstenländer und ist mit seiner Sonderstelle "Munition im Meer" bei der Landesregierung Schleswig-Holstein angesiedelt. 

Giftstoffe gelangen ins Meer - und in die Nahrungskette

Böttcher weiß, dass die Zeit für die Bergung drängt. Denn die Sprengstoffhüllen korrodieren mit der Zeit immer stärker und die Giftstoffe gelangen ins Meer, verteilen sich dort und gelangen so über die Fische in unsere Nahrungskette. Oder die Bomben und Minen können explodieren, wenn sie beispielsweise bei Baggerarbeiten gefunden werden. Deshalb muss die alte Munition aus dem Meer geborgen und dann möglichst schnell vernichtet werden. Das wäre laut Böttcher mithilfe einer schwimmenden Plattform möglich, die auf dem Meer errichtet wird.

Munition könnte auf Plattform verarbeitet werden

Auf der Plattform würde die geborgene Munition dann zerschnitten werden, ähnlich wie es in den Anlagen im niedersächsischen Munster geschieht. Anschließend würde der Sprengstoff verpackt und in speziellen Öfen verbrannt werden. Der freigebrannte Stahl könnte dann wiederverwendet, die frei werdenden Abgase gefiltert und aufgearbeitet werden, so Böttcher. Technisch sei das alles möglich und bereits erprobt. Ein entsprechendes Pilotprojekt könnte laut Böttcher starten.

Weniger Geld im Haushalt eingeplant als benötigt

Auf ein solches Pilotprojekt hatte sich auch die Ampelregierung im Bund in ihrem Koalitionsvertrag verständigt. Doch statt der dafür benötigten 100 Millionen Euro hat der Bund in seinem Haushalt bisher nur 400.000 Euro verpflichtend dafür eingeplant. Die Finanzierung sei also nicht gesichert, kritisiert Kim Detloff, Meeresschutzexperte vom Naturschutzbund (NABU). Er glaubt zwar an die Zusicherungen aus dem Bundesumweltministerium, das Pilotprojekt zur Bergung der Munition finanzieren zu wollen, fürchtet aber angesichts der immer angespannteren Finanzlage des Bundes, dass das Geld letztlich doch für andere Zwecke genutzt werden könnte.

Bergung kostet dreistelligen Millionen-Betrag

Detloff fordert eine sogenannte Verpflichtungserklärung im Bundeshaushalt, die die Finanzierung verbindlich absichern würde. Das wollen auch SPD-Bundestagsabgeordnete wie Johannes Schraps aus Bad Pyrmont. Er gehört zur Ostsee-Parlamentarier-Konferenz und weiß, wie wichtig es ist, dass die Munitionsaltlasten aus der Nord- und Ostsee geborgen werden. Dafür brauche es eine gesicherte Finanzierung, so Schraps. Denn die Bergung werde mindestens einen dreistelligen Millionen-Betrag kosten.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 29.06.2022 | 08:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Meer und Küste

Zweiter Weltkrieg

Mehr Nachrichten aus der Region

Tim Kruithoff Oberbürgermeister der Stadt Emden (r.) und Komödiant Otto Waalkes (l.) eröffnen gemeinsam mit dem Drücken eines Buzzers das Festspielhaus. © dpa Bildfunk Foto: Lars Penning

Ehrenbürger Otto Waalkes eröffnet neues Festspielhaus in Emden

Das Gebäude wurde über mehrere Jahre saniert. Zur Wiedereröffnung gab es Konzerte, Tanzshows und Filmvorstellungen. mehr

Mehr Nachrichten aus Niedersachsen