Bildung in Niedersachsen - das wollen die Parteien

Stand: 27.09.2022 10:37 Uhr

Zwei Jahre Corona-Pandemie haben Spuren im Bildungsbereich hinterlassen. Aber auch der Mangel an Lehrkräften sowie die Digitalisierung sorgen für Schwierigkeiten. Welche Pläne haben die Parteien für die kommenden fünf Jahre?

von Mandy Sarti

SPD

Ein Lehrer schreibt Buchstaben an eine grüne Tafel. © NDR Foto: Julius Matuschik
Die SPD nimmt die Grundschulen in den Fokus ihrer Bildungspläne. (Themenbild)

  • Es ist keine Neuigkeit, dass die Sozialdemokraten auf Chancengleichheit setzen: Unabhängig vom Einkommen der Eltern sollen alle Kinder die gleichen Chancen bekommen. Die Partei will deshalb Mentoring-Programme an Schulen und Hochschulen schaffen. So sollen Talente erkannt werden.

  • Den Grundstein für Chancengleichheit sehen die Sozialdemokraten in der frühkindlichen Bildung. Die SPD will deswegen die Kitas bedarfsgerecht ausbauen - also zusätzliche Betreuungsplätze möglichst wohnortnah schaffen. Die Qualität soll durch eine dritte Kraft sichergestellt werden. Allerdings soll diese nicht sofort kommen, die SPD hält an dem bereits verabschiedeten Stufenplan fest. Inklusion ist ebenfalls Bestandteil des Wahlprogramms: Jeder Kita-Neubau soll barrierefrei sein.

  • Ziel ist es laut Wahlprogramm, dass Schulen zukunftsfähiger werden. Für die SPD bedeutet das, Schule als Lern- und Lebensorte zu denken. Vielfalt steht im Vordergrund, deswegen sollen Schulen auch mehr Freiheiten erhalten. Zudem wollen die Sozialdemokraten ein "Demokratiebudget" bereitstellen. Schülerinnen und Schüler sollen selbstständig über die Verwendung entscheiden.

  • Besonders die Grundschulen stehen im Fokus: Alle Kinder sollen am Ende der vierten Klasse lesen und schreiben können - damit das gelingt, will die SPD die Stundentafeln für diese Kompetenzen ausbauen. Auch dem Recht auf Ganztagsbetreuung ab 2026 will die Partei nachkommen.

  • Digitales Lernen mit Tablets: Allen Schülerinnen und Schülern will die SPD ab der ersten Klasse ein Angebot für ein Gerät machen. Daneben strebt die Partei den weiteren Ausbau der Bildungscloud an.

  • Zudem will die SPD ihren Weg fortsetzen, Bildung gebührenfrei zu machen. Dies soll von der Kita bis zur Hochschule gelten. Wie genau das aussehen soll, lässt die Partei allerdings offen.

CDU

Kinder spielen in einem Bällebad. © dpa Foto: Friso Gentsch
Die CDU will das Investitionsprogramm "Gute Bildung in Kitas" auflegen. (Themenbild)

  • Die Christdemokraten wollen das Brückenjahr im Kindergarten wieder einführen: Ab 2024 soll damit der Übergang von der Kita in die Schule erleichtert werden. Zudem verspricht sich die CDU, damit ein flächendeckendes Vorschulsystem zu etablieren. Mit dem Investitionsprogramm "Gute Bildung in Kitas" will die Partei Mittel für die Qualität bereitstellen. Näher definiert sie diesen Plan im Wahlprogramm allerdings nicht. Daneben sollen die Öffnungszeiten der Einrichtungen an die Bedürfnisse der Familien angepasst werden. Auch die Kindertagespflege erhält laut Wahlprogramm finanzielle Mittel - so soll ein breiteres Angebot entstehen.

  • Für die Schulen will die CDU eine Unterrichtsversorgung von mindestens 100 Prozent sicherstellen. Damit das gelingt, braucht es Personal: In den kommenden fünf Jahren sollen 5.000 neue Lehrkräfte eingestellt und das Gehalt auf A13 angehoben werden. Die Christdemokraten wollen auch eine Prämie für den ländlichen Raum einführen. Diese soll ein Anreiz für Lehrkräfte sein, den Wohnort zu wechseln. Um die Lehrkräfte zu entlasten, plant die Partei eine neue Ausbildung. "Schulfachangestellte" sollen im Alltag künftig unterstützen. Daneben setzt sich die CDU für einen erleichterten Quereinstieg von Lehrkräften und die Verbeamtung bis 45 Jahren ein.

  • Pandemie-bedingte Lernrückstände will die CDU durch gezielte Lernstandserhebungen identifizieren und durch Nachholprogramme beheben. Zudem verspricht sie ein Anti-Schulabbrecher-Programm als Warnsystem.

  • Ein besonderes Augenmerk will die CDU auf Lesen, Schreiben und Rechnen legen. Auch das Fach Englisch erhält eine Priorität, laut Wahlprogramm soll damit der Grundstein für eine erfolgreiche Bildungsbiografie gelegt werden.

  • Die Digitalisierung soll vollständig in den Klassenzimmern ankommen, heißt es. Die CDU will sich für einen Digitalpakt 3.0 einsetzen - so sollen alle Schulen neue Geräte und Software erhalten.

  • Die Förderschulen "Lernen" und "Sprache" will die CDU weiterführen und sie als reguläre Schulformen mit Bestandsschutz im Schulgesetz absichern. Bestehende Förderschulen sollen erhalten bleiben und zu inklusiven Kompetenzzentren weiterentwickelt werden. Was sich genau dahinter verbirgt, lässt die CDU allerdings offen.

Grüne

Eine Studentin mit Mund- und Nasenmaske sitzt in der Begrüßungsveranstaltung für Studierende. © dpa Foto: Sebastian Gollnow
Die Grünen wollen das Lehramtsstudium reformieren. (Themenbild)

  • Auch die Grünen wollen sozial gerechte Zugangschancen zu Bildung. Sie sehen darin die "elementare Grundlage" für ein selbstbestimmtes Leben.

  • Für die Grünen bedeutet das mehr Betreuungsplätze in der Kita, aber auch eine Entlastung der Erzieherinnen und Erzieher. Auch die Ganztagsbetreuung soll weiter umgesetzt werden. Daneben will die Partei die Qualität der Betreuungsplätze weiterentwickeln und fordert "einen Stufenplan für eine echte dritte Kraft, die mehr ist als eine stundenweise Ergänzung des Teams". Kitas sollen überdies zu Familienzentren weiterentwickelt werden. Dafür strebt die Partei eine Gesetzesänderung an, die die Gründung und den Betrieb erleichtert.

  • Die Partei legt ebenfalls einen Fokus auf Inklusion - und fordert, sie endlich gesetzlich zu regeln. Zudem soll die Barrierefreiheit in Kitas festgeschrieben werden.

  • Die Grünen machen in ihrem Wahlprogramm auch die umstrittene Systemfrage an Schulen auf: Die Partei will die Integrierten Gesamtschulen weiter stärken, zudem sollen auch Gymnasien durchlässiger gestaltet werden. Die Wege der schulischen Laufbahn müssen möglichst lange offengehalten werden, so die Überzeugung der Partei. Gelingen soll das mit einer besseren Kommunikation von Grundschulen und weiterführenden Schulen: Unterricht soll künftig häufiger von der 1. bis zur 13. Klasse im Verbund stattfinden. Oberschulen sollen zu Integrierten Gesamtschulen umgebaut werden. Zudem sollen diese Schulformen deutlich mehr Geld erhalten, um sie in eine ähnliche Situation zu versetzen wie die Gymnasien. Auch die Vielfalt innerhalb der Gesellschaft wird laut Wahlprogramm zum Thema in Schulen.

  • Die Grünen streben eine Reform des Lehramtsstudiums an: Bisher werden Lehrkräfte getrennt nach Schulform ausgebildet, laut Wahlprogramm soll es künftig nach Jahrgängen gehen.

  • Dies ist nicht die einzige signifikante Änderung: Die Grünen wollen, dass Kinder und Jugendliche im eigenen Tempo lernen können. Schülerinnen und Schüler sollen ihre Stundenpläne selbst gestalten und mit individualisierten Wegen zum Abitur gelangen. Deswegen soll jahrgangsübergreifendes Lernen in allen Klassen ermöglicht und Sitzenbleiben sowie das Versetzen an andere Schulformen abgeschafft werden.

  • Die Grünen stehen weiterhin zur Gebührenfreiheit des Studiums. Zusätzlich sollen die Studierenden künftig über Studienqualitätsmittel entscheiden. Ziel sei es, die Mittel nicht für die Bauunterhaltung einzusetzen, sondern für eine tatsächliche Verbesserung der Studienqualität.

FDP

Tafel in einem Klassenzimmer. © picture alliance / ZB Foto: Patrick Pleul
Die FDP will an Grundschulen mehr Deutsch und Mathematik unterrichten lassen. (Themenbild)

  • Auch die FDP setzt auf Chancengerechtigkeit in der Bildung. Für die Liberalen heißt das: Die Einrichtungen sollen möglichst viel Freiheit und Autonomie erhalten. Sie wollen deshalb das Kita-Gesetz reformieren. Davon verspricht sich die Partei eine Qualitätsoffensive. Konkret soll die Betreuungsrelation verbessert und die dritte Kraft ab dem Kita-Jahr nach der Landtagswahl refinanziert werden. Die FDP setzt sich zudem für mehr Mittel für Leitungsaufgaben und Fortbildung ein.

  • Schulen sollen wie bei SPD und Grüne Lern- und Lebensorte werden. Der Plan: Lehrkräfte besser bezahlen, ihnen mehr Zeit einräumen und multiprofessionelle Teams in der Schule etablieren.  Die soziale Herkunft soll keine Rolle mehr für den Bildungserfolg spielen. Die Partei will sich deshalb dafür einsetzen, dass Mittagessen und Lehrmaterialien nicht mehr zu Stigmatisierungen führen. Wie das konkret aussehen soll, lassen die Liberalen aber offen. In den Grundschulen soll Deutsch und Mathematik gestärkt werden. Zudem will die FDP, dass an Schulen Kreativität und Empathie als Kompetenz vermittelt wird.

  • Das Kernprojekt der Liberalen liegt in der "exzellenten Berufsausbildung": Ziel ist es, an den berufsbildenden Schulen eine Digitalisierungsoffensive zu starten, so sollen sie mit der Wirtschaft mithalten können.

AfD

Zwei Schülerinnen melden sich im Unterricht. © dpa-Bildfunk Foto: Peter Steffen
Die AfD will Förderschulen wieder einführen, erhalten und ausbauen. (Themenbild)

  • Weil die Partei fürchtet, dass die Schulen und Universitäten in Niedersachsen nicht mehr in der Lage seien, Bildung und Wissen zu vermitteln, fordert sie eine Kehrtwende: Sie setzt sich für die Wiedereinführung des dreigliedrigen Schulsystems ein - sie sieht darin die Sicherung des deutschen Wohlstandes. Inklusion wie sie derzeit in Niedersachsen stattfindet, bezeichnet die AfD als "Irrweg". Deshalb sollen Förderschulen wieder eingeführt, erhalten und ausgebaut werden. "Seit Jahrzehnten werden behinderte Schüler, die begabt sind und sich angemessen verhalten können, an Regelschulen unterrichtet", begründet die Partei diese Haltung. Ganztägiger Unterricht soll zudem eine Ausnahme bleiben. "Als Nebeneffekt verabschieden sich immer mehr Eltern von der Erziehungsarbeit", so die Überzeugung.

  • Die AfD will Kopftücher in Schulen verbieten - dies sei mit der "deutschen Leitkultur" nicht vereinbar. Darüber hinaus vertritt die AfD die Ansicht, dass "Schüler von neu eingewanderten Migranten, welche die deutsche Sprache nicht oder nicht ausreichend beherrschen", in sogenannten Vorbereitungsklassen unterrichtet werden sollen. So will die Partei verhindern, dass "einheimische Schüler" benachteiligt werden.

  • Zudem ist sie der Überzeugung, dass in den Schulen derzeit politische Indoktrination stattfindet. "Dies spiegelt sich u.a. in der Verunsicherung von Kindern bezüglich ihres von Geburt an natürlichen Geschlechts, einer antideutschen EU-Propaganda und der Dämonisierung der AfD wider", heißt es in dem Programm.

Die Linke

  • Bildung muss nach Ansicht der Linken für alle zugänglich sein. Sie will deshalb beitragsfreie Krippen, Kindergärten und Horte mit bedarfsgerechten Öffnungszeiten. Zudem soll in allen Kitas ein gebührenfreies, warmes Mittagessen angeboten werden. Sie setzt sich für ein Landesprogramm zum Ausbau von mehr Krippenplätzen ein. Zudem soll der Betreuungsschlüssel verbessert werden. Konkret sollen Erzieherinnen und Erzieher maximal vier Kinder im Alter bis zu drei und maximal acht Kinder bis zu sechs Jahren betreuen.

  • Die Partei fordert, dass ausreichend finanzierte Ganztagsschulen zur Verfügung stehen - in den Horten soll auch in den Ferien Betreuung angeboten werden. In den Schulen soll ebenfalls ein gebührenfreies Mittagessen angeboten werden. Die Linke will, dass alle Lehrmaterialien kostenlos sind - dies gilt für Schülerinnen und Schüler, aber auch für Schulbeschäftigte. Die Integrierte Gesamtschule soll perspektivisch die alleinige Schulform in Niedersachsen sein. Sie setzt sich dafür ein, dass Sprachvielfalt anerkannt und das Potential gefördert wird.

  • Berufliche Bildung soll nicht schlechter dastehen als ein Bachelorstudium. Dies soll durch Qualitätskontrollen und bessere Freistellungsmöglichkeiten für Ausbilderinnen und Ausbilder gelingen. Betriebe, die nicht ausbilden, sollen nach Auffassung der Partei eine Umlagefinanzierung zahlen. Das Geld kommt demnach den Betrieben zugute, die ausbilden.

 

So positionieren sich die Parteien zu weiteren Themen:

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Hallo Niedersachsen | 27.09.2022 | 19:30 Uhr

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