Tödliche Schüsse auf Hochzeit: Bleibt Komplize ohne Strafe?
Seit Freitag muss sich ein Mann vor dem Amtsgericht Hannover wegen Strafvereitelung verantworten. Er soll einem Cousin nach tödlichen Schüssen zur Flucht verholfen haben. Er könnte straffrei bleiben.
Der 36-Jährige gab zum Prozessauftakt an, er habe nach den Schüssen auf einer Hochzeitsfeier den Täter in einem Auto weggefahren. Das sagte ein Sprecher des Amtsgerichts Hannover. Der Angeklagte habe nach eigener Aussage verhindern wollen, dass der Schütze gelyncht werde. Vor viereinhalb Jahren soll sein Cousin dessen Ex-Verlobte, auf der Feier in Hannover-Vahrenheide mit fünf Schüssen in den Kopf getötet haben, weil sie ihn nicht heiraten wollte.
Wusste Angeklagter von Racheplänen?
Die Anklage wirft ihm Strafvereitelung vor, weil er den mutmaßlichen Täter bei dessen Flucht in den Irak unterstützte, so dass dieser sich einer Strafverfolgung in Deutschland entziehen konnte. Der Angeklagte soll nach Gerichtsangaben gewusst haben, dass sein Verwandter aus Rache handelte, weil dieser sich in seiner Ehre verletzt sah. Laut Strafgesetzbuch kann dies mit einer Geldstrafe, aber auch mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden.
Straffreiheit für enge Angehörige - Angeklagter auch Schwager?
Ob der 36-Jährige aber tatsächlich wegen Strafvereitelung verurteilt wird, ist unklar. Denn der Angeklagte gab am ersten Prozesstag überraschend zu Protokoll, er sei nicht nur der Cousin, sondern auch der Schwager des mutmaßlichen Mörders. Wäre dies tatsächlich so, so wäre die Hilfe zur Flucht ohne strafrechtliche Konsequenzen für den Mann. Strafvereitelung unter engen Angehörigen ist nach dem Strafgesetzbuch ohne Folgen. Laut Paragraf 11 zählt ein Schwager zu diesem Kreis, ein Cousin aber nicht. Das Gericht muss nun nach des Gerichtssprechers diverse Urkunden prüfen, mit denen der Angeklagte belegen will, dass er der Schwager des Todesschützen ist.
Täter im Irak zu lebenslanger Haft verurteilt
Nach einem Bericht der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" soll der mutmaßliche Schütze mittlerweile im Irak zu einer lebenslangen Haft verurteilt worden sein. Das Blatt beruft sich dabei auf Aussagen der Familie des Opfers. Der Anwalt des nun angeklagten Komplizen spricht der HAZ zufolge von nur 20 Jahren Haft. Auch die "Bild"-Zeitung hatte über eine Verurteilung berichtet. Ein Sprecher des Amtsgerichts bestätigte dies bislang nicht.
Schüsse und Prügelei
Als vor vier Jahren die Schüsse fielen, waren noch etwa 300 Frauen und Männer auf der Hochzeitsfeier. Die Beamten fanden bei ihrem Eintreffen die lebensgefährlich verletzte Frau am Boden liegend neben Männern, die sich prügelten. Sie sperrten das Gebiet rund um die Veranstaltungshalle großräumig ab. Die Fahndung nach dem mutmaßlichen Schützen blieb danach erfolglos.
