Blick in eine Ausstellungshalle der Export- Messe in Hannover im Jahr 1947. © picture alliance / dpa

Wie aus der "Fischbrötchen-Messe" die Hannover Messe wurde

Stand: 18.08.2022 05:00 Uhr

Am 18. August 1947 ging die Hannover Messe erstmals als "Export-Messe" an den Start. Eine Erfolgsgeschichte, aus der sich viele Einzel-Messen entwickelten. Doch was hat das alles mit Fischbrötchen zu tun?

Ein Besuch des US-Präsidenten auf der Hannover Messe, abertausende Besucher auf der CeBIT und anderen Ausstellungen - das brachte die Deutsche Messe AG in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder in die Schlagzeilen. Doch der Grund, warum die Messe in Hannover zu Beginn ihrer Geschichte in aller Munde war, ist viel profaner: Fischbrötchen. Bei der Erstauflage der Hannover Messe unter dem Namen "Export-Messe" bekommen die Besucher vom 18. August bis zum 7. September 1947 zu jeder Eintrittskarte - Kostenpunkt drei Reichsmark - ein Fischbrötchen und ein Glas "Messe-Wein". Der Beginn einer Erfolgsgeschichte.

Telefonverbindung nach New York

Nach dem Zweiten Weltkrieg liegt Deutschland in Schutt und Asche, soll aber wieder in die Weltwirtschaft integriert werden, um sich trotz Reparationsleistungen möglichst bald selbst ernähren zu können. Auf Initiative der britischen Besatzer zeigen Aussteller in Hannover in fünf Hallen mit 30.000 Quadratmetern Fläche gut zwei Jahre nach Kriegsende erstmals ihre Produkte: Schreibmaschinen, Zahnprotesen, klappbare Kinderwagen - und den damals kleinsten Dieselmotor der Welt.

Rund 736.000 Besucher aus 53 Ländern kommen an den 21 Messetagen in die Stadt. Insgesamt 1.934 Export-Verträge werden geschlossen. Der Wert: 31,5 Millionen US-Dollar. Die Schau wächst rasant weiter - und wird internationaler. 1948 wird eine Telefonverbindung nach New York gelegt. Ab 1950 kommen auch Hersteller aus dem Ausland auf die Messe - zunächst aus zehn Ländern. Mit dem Wirtschaftswunder boomt auch die "Export-Messe": Veranstalter und Aussteller wollen die hannoversche Waren-Ausstellung zum Abbild der gesamten deutschen Industrie machen.

VIDEO: Digitalrechner als Messe-Neuheit (1959) (4 Min)

Halle 1 kommt ins Guiness-Buch

Anfang der 60er-Jahre wird die Schau in Hannover Messe umbenannt - und gleichzeitig legt die Messe AG den Grundstein für die zwischenzeitlich wichtigste IT-Messe der Welt, die CeBIT. Aus der Fachmesse Büroindustrie entwickelt sich das Centrum der Büro- und Informationstechnik. Kurz: CeBIT. Sie zieht 1970 in die neue Halle 1, die als größte Messehalle der Welt ins Guiness-Buch der Rekorde aufgenommen wird. 1986 wird die CeBIT schließlich selbstständig.

VIDEO: Impressionen von der Hannover-Messe 1964 (stumm) (2 Min)

Wirtschaftskrise trifft auch Hannover Messe

Unterdessen trifft die Wirtschaftskrise samt Ölpreis-Schock die Messe. Bei der Hannover Messe 1975 bleiben zwei, 1978 sogar vier Hallen leer. Die Messe wandelt sich: Von 29 Themenbereichen in den 70er-Jahren hin zu einer "Messe der Messen", bei der zehn Fachmessen gleichzeitig stattfinden. Außerdem gliedern sich immer wieder Messen aus - wie zum Beispiel die Holzmesse LIGNA.

Hannover wird EXPO-Standort

1990 kommt es zu einer Entscheidung, die das Messe-Gelände bis heute prägt: Hannover wird die EXPO 2000 zugesprochen. Anschließend kommt es zu großen Investitionen in das Gelände und entsprechende Verkehrsanbindungen. Anfang der 2000er-Jahre entwickelt sich zudem die CeBIT weiter positiv. 2002 kommen 860.000 Gäste. In den Jahren danach lässt das Besucherinteresse allerdings kontinuierlich nach - im November 2018 wird nach mehreren Umstrukturierungen das Aus für die eigenständige Computermesse beschlossen. Die Messe AG investiert dafür in ihre Auslandsgeschäfte, die heute großen Anteil an den Umsätzen des Unternehmens haben.

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Corona macht Hannover Messe digital

Für eine Erschütterung in der Branche sorgt wenige Jahre später die Corona-Pandemie: 2020 fällt die weltgrößte Industrieschau ganz aus. Im Jahr darauf wird sie komplett ins Internet verlegt. Die Veranstalter zeigen sich nach dem fünftägigen Mix aus Livestreams und digitalen Präsentationen aber durchaus zufrieden. 90.000 Menschen hätten sich für die digitalen Angebote angemeldet, so Messe-Chef Jochen Köckler. Und die 1.800 Aussteller-Unternehmen seien dankbar gewesen, ihre Produkte potenziellen Käufern präsentieren zu können. Digitale Elemente sollen daher künftig erhalten bleiben und die Schau zu einer Mischung aus traditioneller Messe und Online-Livestreams werden.

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