Am KZ-Gedenktag: AfD holt Höcke nach Niedersachsen
Ist es ein dreister Affront, ein unschönes Versehen oder einfach - wie es manche in der AfD sehen - nicht wirklich der Rede wert? Zwei AfD-Landtagsabgeordnete haben neben dem niedersächsischen Bundestagsabgeordneten Jens Kestner auch Björn Höcke als Redner nach Niedersachsen eingeladen - zum "Niedersachsen-Abend". Und das ausgerechnet am 15. April, dem 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen. Der Leiter der niedersächsischen Gedenkstätten, Jens-Christian Wagner, schreibt bei Twitter: "Dreister geht es kaum." Die Einladung sei ein Affront gegenüber den Überlebenden des Holocaust, die an diesem Tag zum Gedenken nach Niedersachsen reisten.
Höcke darf als Faschist bezeichnet werden
Höcke darf laut Gerichtsbeschluss als "Faschist" bezeichnet werden. In der Vergangenheit hatte der Fraktionsvorsitzende der AfD im Thüringer Landtag unter anderem eine "erinnerungspolitische Wende um 180 Grad" gefordert. Er ist der Kopf des "Flügels", der völkisch-nationalen Gruppe in der AfD. Erst am Montag sprach er in Dresden vor den Anhängern von Pegida.
Bothe will von Bedeutung des Tages nichts gewusst haben
Die Landtagsabgeordneten Stephan Bothe und Peer Lilienthal sagten dem NDR Fernsehmagazin Hallo Niedersachsen, die Veranstaltung habe mit dem Gedenktag in Bergen-Belsen nichts zu tun. Bothe sagte, dass ihm die Bedeutung des Tages gar nicht bewusst gewesen sei. Vielmehr habe man sich nach dem Terminkalender von Höcke richten müssen, um den man sich schon lang bemüht habe. Höcke sei bei der Ministerpräsidentenwahl Anfang Februar in Thüringen ein Coup gelungen, über den er nun berichten dürfe, so die beiden Landtagsabgeordneten. Der "Niedersachsen-Abend" soll unbestätigten Gerüchten zufolge in Barsinghausen (Region Hannover) stattfinden.
Landesvorsitzende: Kein von der Partei organisierter Abend
Auch innerhalb der AfD in Niedersachsen dürfte die Terminankündigung für reichlich Unruhe sorgen. Der ebenfalls eingeladene Bundestagsabgeordnete Jens Kestner gilt als aussichtsreicher Herausforderer der Landesvorsitzenden Dana Guth. Guth spricht dem Vernehmen nach zwar ein Grußwort am 15. April, ihr Statement zur Veranstaltung fällt allerdings kühl aus: Es handele sich nicht um einen von der Partei organisierten Abend. Den Abgeordneten stehe es frei, wen sie dazu einladen. Vor einigen Monaten hatte Guth eine Erklärung unterzeichnet, die den parteiinternen Personenkult um Höcke kritisierte. Zu ihrem Ziel, die niedersächsische AfD als sachlich-konservative Kraft zu präsentieren, passt dieser Gastredner nicht.
