Ein Polizist der Polizei Hildesheim zeigt einen positiven Drogen-Test auf THC (Cannabis) eines Autofahrers. © picture alliance/dpa/Julian Stratenschulte Foto: Julian Stratenschulte

Cannabis: Verkehrsgerichtstag empfiehlt höheren Grenzwert

Stand: 19.08.2022 17:56 Uhr

Der Deutsche Verkehrsgerichtstag hat eine Erhöhung des THC-Grenzwerts im Straßenverkehr empfohlen. Der jetzige Wert lasse keinen Rückschluss auf die Fahrtauglichkeit nach dem Cannabis-Konsum zu.

Das teilte das Gremium am Freitag in Goslar mit. Der derzeit angewandte Grenzwert sollte demnach "angemessen" heraufgesetzt werden. Ein konkreter Wert wurde nicht genannt. Aktuell liegt die Grenze bei einem Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum. Das sei so niedrig, dass der Grenzwert zwar den Nachweis des Cannabis-Konsums ermögliche, aber keinen Rückschluss darauf zulasse, ob die Verkehrssicherheit beeinflusst sei. In der Praxis führe das dazu, dass Betroffene "in einem nicht vertretbaren Umfang" sanktioniert würden, bei denen sich eine Verminderung der Fahrsicherheit aus wissenschaftlicher Sicht nicht tragfähig begründen lasse.

Radwege in Deutschland sollen sicherer werden

Ein Mensch fährt mit einem Fahrrad auf einer Straße. © picture alliance/dpa/Moritz Frankenberg Foto: Moritz Frankenberg
Raus aus der "Sandwich-Position": Fahrräder sollten abgetrennte und eigene Wege haben, so das Gremium. (Themenbild)

Der Fahrradverkehr war ein weiteres Thema: Für mehr Sicherheit sollten die Zweiräder aus ihrer "Sandwich-Position" zwischen Autoverkehr und Fußgängern herauskommen, sagten die Expertinnen und Experten in Goslar. Dafür müsse mehr Platz für sicher befahrbare Wege geschaffen werden. Außerdem sollten jugendliche Radfahrende und Pedelec-Fahrende besser geschult werden. Aus Sicht der Fachleute sollten zudem die Maße und das Gewicht von Fahrrädern - insbesondere bei Pedelecs, Lastenrädern und Gespannen - begrenzt werden. 

Flexiblere Bestrafung bei Verkehrsverstößen

Fahrverbote sollten durch ein Fahrsicherheitstraining oder Unterricht in einer Fahrschule ersetzt werden können, hieß es aus Goslar weiter. Auch Bußgelder sollten mit einem solchen Training, Kursen bei der Verkehrswacht oder in Fahrschulen "bezahlt" werden können. Zudem schlagen die Expertinnen und Experten ein "Fahrverbot auf Bewährung" vor. Die Höhe von Geldstrafen sollte außerdem verhältnismäßiger gestaltet werden. Dies würde zu mehr Akzeptanz bei den Verkehrsteilnehmenden führen, so die Argumentation.

E-Scooter-Fahrer sollen bei Unfällen haftbar gemacht werden können

In Zukunft sollten Fahrende und Haltende langsamer Fahrzeuge bei Unfällen haftbar gemacht werden können, empfiehlt der Verkehrsgerichtstag. Dies würde Fahrzeuge betreffen, die zwischen sechs und zwanzig Stundenkilometer fahren können - etwa E-Scooter oder Baumaschinen. Bisher kann ein solcher Fahrer bei einem Unfall nur haftbar gemacht werden, wenn eine Schuld oder Teilschuld extra nachgewiesen wurde. Durch die heutigen Ausmaße und Ausstattungen solcher Fahrzeuge sei die aktuelle Gesetzeslage nicht mehr zeitgemäß, die in Grundsätzen noch aus einer Zeit stamme, in denen Kutschen den Straßenverkehr in Deutschland bestimmten - so das Gremium in Goslar.

VIDEO: Verkehrsgerichtstag: Wer haftet bei Unfällen mit E-Scootern? (18.08.2022) (3 Min)

Insgesamt nahmen an dem Kongress in Goslar rund 1.300 Menschen teil, darunter neben Verkehrsexperten auch viele Juristen. Der Kongress zählt zu den wichtigsten Treffen von Fachleuten für Verkehrssicherheit und Verkehrsrecht in Deutschland. Die Empfehlungen gehen direkt an den Gesetzgeber und gelten als richtungsweisend für die Legislative.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Hallo Niedersachsen | 19.08.2022 | 19:30 Uhr

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