VW investiert 21 Milliarden Euro in niedersächsische Werke
Herbert Diess bleibt VW-Chef - aber mit weniger Kompetenzen. Der Aufsichtsrat hat am Donnerstag zudem über die Investitionen bis 2026 informiert. 21 Milliarden fließen allein nach Niedersachsen.
Niedersachsens Ministerpräsident und Aufsichtsratsmitglied Ministerpräsident Stephan Weil sprach nach der Sitzung des Kontrollgremiums am Donnerstag in Wolfsburg von einem weiteren Schritt auf dem "Weg der Transformation in eine völlig neue Welt der Auto-Mobilität". Niedersachsen werde immer mehr zum Vorreiter in Sachen Elektromobilität, und die Milliardeninvestitionen in Niedersachsen zeigten, dass der "Weltkonzern Volkswagen sich zu seinen niedersächsischen Wurzeln bekennt", so der SPD-Politiker laut Mitteilung der Staatskanzlei. Demnach sollen von den geplanten Gesamtinvestitionen bis 2026 in Höhe von 159 Milliarden allein 89 Milliarden Euro in Zukunftstechnologien wie Elektromobilität und Digitalisierung fließen. 2026 sollen ein Viertel der verkaufen Konzernautos reine Elektro-Autos sein, hieß es am Donnerstag. Die niedersächsischen Standorte sollen mit 21 Milliarden Euro fit gemacht werden für den Wettbewerb.
Das ist geplant:
- Wolfsburg investiert in die Vorbereitung des Elektroauto-Projekts Trinity mit eigener Fabrik, das die Aufseher absegneten, sowie in den Tiguan und in die Golf-Familie. Allein für das Stammwerk sind laut Betriebsrat gut 1,6 Milliarden Euro verplant.
- In Hannover wird insbesondere die Produktion des vollelektrischen Bulli-Nachfolgers ID.Buzz ab 2022 und des Elektro-Flaggschiffs Audi "Landjet" vorbereitet. Für ein neues Bentley-Modell entstehen in Hannover Karosserien. Zudem soll von hier das autonome Fahren gesteuert werden.
- Am Standort Emden soll der elektrische Kompakt-SUV ID.4 gefertigt werden. Außerdem wird in die künftige Produktion des Elektro-Passats "Aero" investiert. Eine Milliarde Euro sollen nach Ostfriesland gehen.
- In Salzgitter investiert Volkswagen neben dem Antriebsstrang für den "Modularen Elektrifizierungsbaukasten (MEB)" in die Entwicklung von Motorenkonzepten, die die Abgasnormen EU 6+ und EU 7 erfüllen sollen. Zudem wird in Salzgitter der Aufbau der Zellfertigung vorangetrieben.
- Im Braunschweiger Werk fließen die Investitionen überwiegend in die Produktion der Batteriesysteme für den MEB sowie für Komponenten für den "Modularen Querbaukasten (MQB)".
- Am Standort Osnabrück fließen Investitionen in den Ausbau der Fertigung des T-Roc Cabrios.
Diess gibt China-Geschäft ab
Neben der Investitionsplanung waren vor allem Entscheidungen des Aufsichtsrates zum künftigen Personaltableau im Konzernvorstand erwartet worden. Nun ist klar, das Herbert Diess Vorstandsvorsitzender bleiben wird - allerdings mit eingeschränkter Macht im Tagesgeschäft. So muss Diess unter anderem das China-Geschäft abgeben.
Audi-Managerin übernimmt Konzern-Vertrieb
Neuer Chef für diese für den Konzern so wichtige Sparte wird Ralf Brandstätter, der damit auch in den Konzernvorstand aufrückt, wie Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch am Donnerstag bei der Online-Pressekonferenz in Wolfsburg sagte. Brandstätters Nachfolger als Chef der Kernmarke VW wird Thomas Schäfer, bislang verantwortlich für die Konzernmarke Skoda. Neu in den Konzernvorstand kommt demnach die Audi-Managerin Hildegard Wortmann. Sie übernimmt den Bereich Vertrieb, den Diess damit ebenfalls abgeben muss. Diess wiederum soll in Zukunft die Verantwortung für die Tochterfirma Cariad übernehmen, die die Software für viele VW-Modelle entwickelt. Der 63-Jährige bleibt damit zuständig für die Strategie bei Zukunftsthemen wie Elektromobilität und Software, hat aber im alltäglichen operativen Geschäft weniger zu bestimmen.
VW schafft neues IT-Ressort im Vorstand
In den Konzernvorstand aufrücken soll zudem der bisherige Chefjustiziar Manfred Döss. Er beerbt die ausscheidende Rechtsvorständin Hiltrud Werner. Zudem soll die ehemalige Deutsche-Börse-Managerin Hauke Stars das neu geschaffene IT-Ressort übernehmen.
Konfrontation mit Betriebsrat
Den Personal-Entscheidungen war ein mehrwöchiger Machtkampf mit Teilen des Aufsichtsrats, insbesondere der Betriebsratsvorsitzenden Daniela Cavallo, vorausgegangen. So kam es zu einer Konfrontation mit dem Betriebsrat, nachdem Diess über die womöglich nötige Streichung von mehreren Zehntausend Jobs gesprochen hatte. Zuvor hatte der VW-Chef nach Informationen aus Unternehmenskreisen andere Manager um weitere Einsparvorschläge gebeten - vorbei an der bei VW sehr einflussreichen Belegschaftsvertretung.
Cavallo: Schichtmodelle werden sich ändern
Laut Cavallo dürfte es für VW wegen des weltweiten Mangels an Halbleitern auch 2022 weiter Probleme in der Fertigung geben. "Die kommenden Monate werden hart, vor uns liegt eine echte Durststrecke", sagte Cavallo am Donnerstag in Wolfsburg. Der Chipmangel hatte die Produktion Fahrzeugen in diesem Jahr weltweit gelähmt, insbesondere bei Volkswagen waren die Folgen gravierend. Das Stammwerk in Wolfsburg etwa ist schlecht ausgelastet. Cavallo rechnet dort mit weniger als 400.000 gefertigten Autos - ihren Worten zufolge so wenige wie seit Ende der 50er-Jahre nicht mehr, wie es im Betriebsratsblatt "Mitbestimmen!" heißt. Zudem dürfte es in den kommenden Jahren Änderungen bei den Schichtmodellen geben. Dazu gehe die Arbeitnehmervertretung nun in Gespräche. Die Belegschaft dürfe die Auswirkungen des Chipmangels nicht einseitig tragen, sagte Cavallo.
Umweltschützer protestieren am Stammwerk
Aus Anlass der Sitzung des Aufsichtsrates demonstrierten am Donnerstag Greenpeace-Aktivisten am Stammwerk Wolfsburg für mehr Klimaschutz. Dort stellten sie eine zwei Meter hohe und sechs Meter lange Balkenwaage auf - mit einem Verbrenner-SUV von VW auf der tiefer liegenden Waagschale. Ein von der Umweltschutz-Organisation zeitgleich veröffentlichter Report belege, dass die SUV-Strategie von VW die ohnehin enormen Kohlendioxid-Emissionen des Konzerns um weitere Millionen Tonnen steigere, sagte eine Greenpeace-Sprecherin.
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