Keine Stromleitung - Muss Gießerei im Südharz schließen?
Einer traditionsreichen Eisengießerei im Südharz droht nach NDR Informationen das Aus. 450 Arbeitsplätze stehen auf der Kippe, weil sich die Klimaschutz-Vorgaben nicht finanzieren lassen.
Für Marius Müller war HarzGuss Zorge im Landkreis Göttingen mal die Zukunft. Der 29-Jährige aus Bad Sachsa hat in der Eisengießerei im Südharz seine Ausbildung gemacht. Sein Vater und sein Bruder arbeiten auch hier. Dass dem Werk nun die Schließung droht, kann er nicht fassen. "Ich dachte, das wäre ein Standort mit Zukunft", sagt Müller.
Für mehr Klimaschutz fehlt eine Stromtrasse
Aber diese Zukunft gerät nun ins Wanken. Die Eisengießerei im Südharz muss - wie alle Industrieunternehmen - klimafreundlicher werden. Ansonsten drohen hohe CO2-Abgaben. Die Idee: Der Schmelzofen soll ersetzt werden. Statt Kohle zu verfeuern, will man in Zorge den Ofen zukünftig mit Strom betreiben. Das Problem: Es fehlt eine Hochspannungsleitung. Alexander Becker, Chef des Stahlkonzerns GMH-Gruppe, zu dem HarzGuss Zorge gehört, wird im NDR Interview deutlich: Ohne neue Stromleitung lasse sich ab 2025 in Zorge kein Geld mehr verdienen. "Das heißt, wir werden unsere Werkstore schließen müssen“, so Becker. "Und es führt dazu, dass wir bereits jetzt Investitionen stoppen. Das ist natürlich tödlich für den Standort."
450 Industriearbeitsplätze in strukturschwacher Region
Im strukturschwachen Südharz ist HarzGuss Zorge einer der größten Arbeitgeber. Gut bezahlte Arbeitsplätze in der Industrie sind hier rar. Für den Bürgermeister der Gemeinde Walkenried, Lars Deiters (parteilos), ist das mögliche Aus ein Horror-Szenario. "Bedeuten würde das mittelfristig und langfristig, dass die Familien, die bisher bei HarzGuss gearbeitet haben, wahrscheinlich wegziehen werden."
"Keine Erpressung, sondern nackte Zahlen"
Für das Unternehmen HarzGuss Zorge ist klar, dass nun die Politik am Zug ist. Die Firma wolle rund zwölf Millionen Euro in den neuen Elektro-Ofen investieren, sagt Konzernchef Becker. Zusätzlich noch 14 Millionen Euro für die Stromtrasse seien für das Unternehmen nicht mehr darstellbar. "Das ist keine Erpressung, das sind die nackten Zahlen", betont Becker im NDR Interview. "Fakt ist: Wenn wir die Leitung nicht bekommen, haben wir keine Geschäftsgrundlage mehr hier."
"Klimaschutz ja - aber zu welchem Preis?"
Mitarbeiter Marius Müller hofft, dass es bald eine Lösung gibt. Denn mehr Klimaschutz findet er eigentlich wichtig. Gleichzeitig sei es für ihn und seine Kollegen natürlich bedrohlich, wenn es den Standort wegen der Energiewende nicht mehr gäbe. "Klimaschutz ja", sagt Müller und ergänzt: "Aber zu welchem Preis?"
Konkrete Fördermöglichkeiten für HarzGuss Zorge gibt es zurzeit nicht. Ob der Bund oder das Land Niedersachsen die Stromtrasse nach Zorge bezahlen, ist bisher völlig unklar.
Schlagwörter zu diesem Artikel
Energiewende
