Stand: 23.06.2020 08:47 Uhr

Göttingen: Erste Bewohner dürfen Hochhaus verlassen

Absperrband vor einem Wohnhochhaus. © dpa Bildfunk Foto: Swen Pförtner
In einem Hochhaus, dessen Bewohner unter Quarantäne stehen, ist ein Mann gestorben.

In dem Göttinger Hochhauskomplex, dessen etwa 700 Bewohner derzeit wegen des Coronavirus unter Quarantäne stehen, durften am Montagabend die ersten 350 Menschen ihre Wohnungen verlassen. Sie waren zuvor zwei Mal negativ auf das Virus getestet worden. Der Oberbürgermeister der Stadt, Rolf-Georg Köhler (SPD), hatte dieses Prozedere am Sonntag angekündigt, um die Lage zu entschärfen. "Wer zweimal negativ getestet ist, kann die Anlage maximal in Dreiergruppen und mit An- und Abmeldungen verlassen", sagte Köhler.

Stadt bestätigt Todesfall im Hochhaus

Am Sonntag hatte es in dem Wohnkomplex einen Todesfall gegeben. Das bestätigte die Stadt am Montag. Der Mann, Jahrgang 1977, sei aber nicht mit dem Virus infiziert gewesen, hieß es weiter. Der Tod der vorerkrankten Person stehe in keinerlei Zusammenhang zum örtlichen Infektionsgeschehen oder zu den Tumulten am Sonnabendnachmittag im Innenhof des Komplexes, teilte ein Sprecher mit. Der Rettungsdienst sei nach Alarmierung und Benennung des Aufenthaltsorts vor Ort gewesen. Wiederbelebungsversuche seien vergeblich geblieben, die Polizei schließe ein Fremdverschulden aus, hieß es.

"Basisdemokratische Linke" erhebt Vorwürfe

Die Gruppe "Basisdemokratische Linke Göttingen", die am Sonnabend ein Kundgebung vor dem Gebäude organisiert hatte, beurteilt die Situation anders. "Offensichtlich war es für seine Lebensgefährtin in der von der Stadt geschaffenen Abschottungssituation unmöglich, Zugang zu dringend benötigter medizinischer Hilfe zu erlangen", heißt es in einer Mitteilung der Gruppe. Es sei daher durchaus von einem engen Zusammenhang dieses Todesfalls mit der von der Stadt verhängten Isolation auszugehen. Die Gruppe forderte eine dezentrale Unterbringung der Bewohner, um die bislang nicht erkrankten Personen vor einer Infektion zu schützen.

Keine weiteren Beschränkungen - trotz gestiegener Zahlen

Die Infektionszahlen im Landkreis Göttingen sind durch den Massenausbruch gestiegen und liegen aktuell bei 247 Infizierten. Damit ist der Grenzwert von 50 Infizierten pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen überschritten. Zusätzliche Beschränkungen für den gesamten Landkreis werde es in der aktuellen Situation aber nicht geben, teilten Stadt und Landkreis Göttingen mit. Der Ausbruch beschränke sich auf den Wohnkomplex am Rande der Innenstadt. Die Leiterin des Krisenstabs der Stadt, Petra Broistedt, sagte NDR 1 Niedersachsen, der Ausbruch sei lokal eingegrenzt, die Infektionsketten würden unterbunden. Unter dem Motto "Solidarität mit den Hausbewohnern" hat die Linksjugend für den Nachmittag eine Kundgebung vor dem Hochhaus angemeldet.

Eskalation am Bauzaun

Die Situation in dem Haus war am Sonnabend eskaliert. Bei dem Versuch von etwa 100 Bewohnern, einen um das Gebäude herum errichteten Bauzaun zu durchbrechen, waren acht Polizeibeamte verletzt worden. In dem Gebäude sind Stand jetzt etwa 120 Personen nachgewiesenermaßen mit dem Coronavirus infiziert.

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Auf einer Luftaufnahme ist ein Gebäudekomplex in Göttingen zu sehen, der aufgrund zahlreicher Coronainfektionsfälle unter Quarantäne steht. © Thomas Meder Foto: Thomas Meder

700 Bewohner in Massen-Quarantäne

In einem Göttinger Hochhaus-Komplex sind 120 Bewohner mit dem Coronavirus infiziert. 700 Bewohner stehen unter Quarantäne - auf engstem Raum. Eine große Herausforderung für alle. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 22.06.2020 | 12:00 Uhr

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