Matthias Bekermann © Screenshot

Zu Fuß über die Autobahn: Betrunken oder blind nach Navi

Stand: 28.12.2022 13:27 Uhr

Im Dezember sind innerhalb weniger Tage zwei Männer im Landkreis Osnabrück über eine Autobahn gelaufen und dabei zu Tode gekommen. Was sind die Gründe?

Zwei Tage vor Heiligabend, ein 30-Jähriger läuft über die Autobahn 30 an der Anschlussstelle Melle-Ost. Ein Auto erfasst ihn, der Mann stirbt. Wenige Tage zuvor: Ein ebenfalls 30-jähriger Mann erliegt an der A1 in Höhe Bramsche seinen schweren Verletzungen, nachdem er versucht hatte, zu Fuß die Autobahn zu überqueren. Was bewegt Menschen, sich einem solch tödlichen Risiko auszusetzen? Das NDR Studio in Osnabrück hat bei Polizeisprecher Matthias Bekermann von der Polizeiinspektion Osnabrück nachgefragt.

Wie kommt man dazu, über die Autobahn zu laufen?

Matthias Bekermann: Dass Personen sich auf Autobahn verirren, ist gar nicht so selten. Die Kolleginnen und Kollegen von der Autobahnpolizei haben regelmäßig das Einsatzstichwort "Person auf Fahrbahn", es kann aber auch mal ein Radfahrer sein. Bei Fußgängern haben wir es natürlich immer mal wieder mit betrunkenen Personen zu tun, die die Autobahn überqueren möchten, um eine Abkürzung zu nehmen. Oder Menschen, die auf dem Handy einfach den Weg eingeben, das Navigationssystem dann gar nicht auf "Fußgänger" umstellen und dann blind dem Gerät folgen und über die Autobahn laufen.

Google Maps kann also auch schuld sein. Was ist mit den Autofahrern, die einen Fußgänger tödlich verletzt haben?

Bekermann: Das ist eine Schocksituation wie nach jedem Unfall. Da gibt es zunächst notfallseelsorgerische Maßnahmen, vielleicht wird auch ein Beruhigungsmittel gegeben. Langfristig muss man natürlich sehen: Was passiert mit den Menschen? Wie geht es weiter? Begeben die sich zum Beispiel in psychologische Betreuung.

Wir hatten im Landkreis Osnabrück jüngst zwei konkrete Fälle. Wie geht es den beiden Fahrern?

Bekermann: Die jeweiligen Fahrer, beides Männer, fühlten sich so weit gut. Im Fall Bramsche handelt es sich um einen Familienvater, die drei Kinder, die bei dem Unfall dabei waren, wurden notfallseelsorgerisch betreut.

Was bedeutet solch ein Unfall rechtlich für den Autofahrer?

Bekermann: Es wird ein Ermittlungsverfahren eröffnet wie bei jedem anderen tödlichen Verkehrsunfall auch. Der Vorwurf lautet meistens "Fahrlässige Tötung". Die rechtliche Bewertung von Staatsanwalt und Gericht ist noch mal ein ganz anderer Aspekt. Es geht ja darum, die Schuld zu bemessen. Und da ist natürlich nicht damit zu rechnen, dass da eine hohe Strafe bei herauskommt.

Das Interview führte Birgit Schütte, Studio Osnabrück

Weitere Informationen
Ein mit Bewegungsunschärfe fotografiertes Polizeiauto mit Blaulicht und Stop in der Anzeigetafel. © NDR Foto: Julius Matuschik

Mann überquert zu Fuß die A1 - und wird von Auto erfasst

Der 30-Jährige starb auf der Autobahn in Höhe Bramsche. Der Autofahrer und seine drei Kinder erlitten einen Schock. mehr

Ein Fahrzeug der Polizei sperrt eine Fahrspur einer Autobahn. © picture alliance/Benjamin Beytekin Foto: Benjamin Beytekin

Tödlicher Unfall: Auto erfasst Fußgänger auf A30 bei Melle

Der 30-Jährige starb an der Unfallstelle. Der Polizei zufolge wollte der Mann die Fahrbahn überqueren. Warum, ist unklar. (22.12.2022) mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Osnabrück | 27.12.2022 | 15:00 Uhr

Mehr Nachrichten aus Niedersachsen

Rostock: Menschen feiern mit Fahnen den Sturz des Machthabers Assad in Syrien. © dpa Foto: Christopher Hirsch

Freude über Umsturz in Syrien: Friedliche Versammlungen im Norden

In mehreren Städten in Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und MV ist das Ende des Assad-Regimes gefeiert worden. Mehrere Tausend Menschen gingen auf die Straßen. mehr