Weil: Neues Kapitel im Kampf gegen Corona
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat sich in einer Regierungserklärung zufrieden zur Entwicklung der Corona-Pandemie in Niedersachsen geäußert. Auf der Sondersitzung des Landtags sagte Weil, er sei "tief erleichtert" über die Entwicklung in Niedersachsen. Die Krise und die Gefahr seien aber noch nicht vorbei. Dies sei erst dann erreicht, wenn ein wirksamer Impfstoff zu Verfügung steht. "Heute haben wir das Infektionsgeschehen nicht beseitigt, aber vorerst unter Kontrolle", sagte Weil. Das sei eine gewaltige Leistung. Eine Kernbotschaft seiner mehr als 30-minütigen Erklärung lautete: Ob und wie die strengen Corona-Regeln weiter gelockert werden können, liege vor allem an der Mithilfe der Bürger.
"Am Anfang eines neuen Kapitels"
"Wir stehen jetzt am Anfang eines neuen Kapitels unseres Kampfes gegen die Corona-Pandemie, aber leider noch nicht an seinem Ende", sagte Weil in der Regierungserklärung mit dem Titel "Bis hierhin erfolgreich - Niedersachsens Weg durch die Corona-Krise". Wenn man nicht aufpasse, könne man schneller als gedacht in eine Lage wie zu Beginn der Pandemie zurückfallen. Der Ministerpräsident mahnte, dass man nun womöglich vor einer noch schwierigeren Etappe gegen die Corona-Pandemie stehe, weil die Motivation der Menschen zur Einhaltung der Regeln sinken könnte.
An weitere Lockerungen herantasten
Weitere Lockerungen müssten zudem "vorsichtig und gewissermaßen tastend" vorgenommen und alle 14 Tage neu bewertet werden, betonte Weil. Auch eine Rücknahme von Lockerungen sei nicht auszuschließen, falls die Fallzahlen wieder steigen sollten.
Mundschutz: Kritik an Vorpreschen anderer Länder
In seiner Regierungserklärung kritisierte Weil erneut das Vorpreschen einzelner Bundesländer beim Thema Mund- und Nasenschutz. Weil hätte sich ein gemeinsames Vorgehen gewünscht. Gleichzeitig nannte er die ab Montag in Niedersachsen geltende Maskenpflicht sinnvoll. Mit Blick auf die nächste Bund-Länder-Schalte am 30. April sagte Weil, dass er auf weitere Lockerungen hoffe - "zum Beispiel beim Sport, bei der Kultur oder beim Angebot für unsere Kinder". Zudem seien die Gespräche über eine Wiederaufnahme von Gottesdiensten auf einem guten Weg.
Sofortprogramme haben sich bewährt
Weil ging auch auf die wirtschaftlichen Folgen der Krise ein. Der beste Weg aus der Wirtschaftskrise sei eine möglichst rasche und gründliche Überwindung der Corona-Krise. Das Instrument der Kurzarbeit habe sich bewährt, Sofortprogramme des Bundes und des Landes würden ankommen. Allerdings seien die Programme nur eine Überlebenshilfe, eine "Perspektive für die Zukunft" fehle. In einzelnen Bereichen, etwa Handel und Gastronomie, könne man diese durch einen möglichst zügigen Neustart wieder herstellen.
Landesregierung engagiert sich für "Öko-Abwrackprämie"
In anderen Bereichen sei wahrscheinlich eine zusätzliche spezifische Unterstützung notwendig, so Weil. Dazu zählt er neben dem Tourismus auch die Autoindustrie. Für die "deutsche Leitindustrie schlechthin" habe sich die nach der Finanzkrise eingeführte Abwrackprämie bewährt. Die Landesregierung werde sich nun für ein solches Instrument sehr engagieren, sagte Weil. Verbunden sei dies mit einer Reduzierung der "CO2- und Stickoxid-Immissionen".
Grüne befürchten "Neiddebatte" durch Lockerungen
Von der Opposition wurde die Regierungserklärung kritisiert. Julia Willie Hamburg (Grüne) nannte die Lockerungsdiskussion "toxisch", da dadurch "Neiddebatten zwischen denen, die profitieren, und denen, die nicht profitieren" geschürt würden. Obendrein habe die Wiedereröffnung der Läden nichts mit einer tastenden Lockerung zu tun, sondern sei "ein voller Schluck aus der Pulle". Das belegten volle Innenstädte. Die Regierung habe bei den Verordnungen und den Fragen, was erlaubt ist und was nicht, ein Chaos hinterlassen.
"Grundrechte mit einem Federstrich weggefegt"
FDP-Fraktionschef Stefan Birkner kritisierte die aus seiner Sicht mangelnde Einbindung des Parlaments. "Grundrechte werden mit einem Federstrich einer Ministerin weggefegt", sagte Birkner. Er forderte transparente Verfahren. Die 14-tägigen Beratungen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin bezeichnete er als "demokratisch nicht legitimiertes Gremium". Ministerpräsident Weil solle lieber eigene Konzepte zur Bekämpfung des Virus entwickeln als dort die Verantwortung "an der Garderobe abzugeben".
Parlament wieder stärker beteiligen
Für die AfD-Fraktionschefin Dana Guth greift die Landesregierung zu weit und auf unabsehbare Zeit in die Grundrechte der Bürger ein. Auch sie forderte wie alle Oppositionsparteien die Regierung dazu auf, das Parlament wieder stärker an den Entscheidungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zu beteiligen.
