Tarifgespräche in Metall- und Elektroindustrie ohne Ergebnis
In Hannover ist die Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie des Bezirks Niedersachsen/Sachsen-Anhalt vertagt worden. Die IG Metall will acht Prozent mehr Lohn, die Arbeitgeber wollen eine Nullrunde.
Thorsten Gröger, Bezirksleiter der Gewerkschaft, sprach von einem "katastrophalen Fehlstart". Er forderte sein Gegenüber Torsten Muscharski auf, zum kommenden Treffen ein Angebot vorzulegen: "Wir erwarten ein zielführendes Auftreten, das der aktuellen Situation Rechnung trägt." Der Tarifkonflikt könne sich sonst weiter zuspitzen. Für die Arbeitgebenden gibt es aus ihrer Sicht kaum Spielraum für Lohnzuwächse für die 70.000 Beschäftigten. "Volle Auftragsbücher heißen nicht automatisch auch gute Auslastung und auch nicht Gewinne", erklärte Muscharski. Niedersachsenmetall-Chef Volker Schmidt forderte die Gewerkschaft auf, sich auf eine sachliche Debatte über das Leistbare einzulassen.
Acht Prozent mehr Lohn gefordert
Einmalzahlungen gegenüber ist die IG Metall kritisch eingestellt. Nötig sei vielmehr ein länger angelegtes Lohnplus in einem möglichst über zwölf Monate laufenden Tarifvertrag, um die Kaufkraft zu erhalten und die Verbraucher zu entlasten. "Acht Prozent, das ist machbar und das passt in die Zeit", sagte Bezirksleiter Gröger kurz vor Beginn der Gespräche. Das vorrangige Ziel sei es, die Kaufkraft inmitten der rasanten Inflation zu stabilisieren.
IG-Metall-Chef deutet Kompromissbereitschaft an
Da die Arbeitgebenden bereits mehrfach geäußert hatten, dass man deutliche Einkommenszuwächse kaum stemmen könne und einige Betriebe aufgrund der hohen Kosten für Energie und Rohstoffe insolvenzbedroht seien, deutete IG-Metall-Chef Jörg Hofmann Kompromissbereitschaft an, wenn es um die kritische Lage besonders betroffener Unternehmen gehe. Dennoch führe kein Weg an einer grundsätzlichen kräftigen Entgelterhöhung vorbei.
Stimmung unter Mitgliedern "ausgesprochen aufgeheizt"
Wegen steigender Kosten sei die Stimmung unter den Mitgliedern "ausgesprochen aufgeheizt", sagte der IG-Metall-Chef weiter. Viele Menschen spürten die Inflation im Alltag. Die Wirtschaft müsse Verantwortung zeigen. "Sonst sehe ich, dass die Gesellschaft in dieser Frage zusammenbricht, auseinanderbricht - und wir das Feld Populisten überlassen, die bei dieser Frage keinen Platz haben sollten."
Niedersachsenmetall-Chef plädiert für Pragmatismus
"Viele Betriebe sind bereits massiv in ihrer Existenz gefährdet", sagte Niedersachsenmetall-Chef Schmidt. Die Unsicherheiten seien größer denn je. Das gelte für Beschaffungs- und Energiepreise oft gleichermaßen wie für die Versorgung mit wichtigen Zulieferungen. Er widersprach außerdem der Darstellung, dass Firmen die Erhöhung der Preise einfach weiterreichen könnten. Das treffe in den meisten Fällen nicht zu. Acht Prozent mehr Lohn nennt Schmidt "aus der Zeit gefallen". Er könne verstehen, dass ein Ausgleich für die Inflation gefordert werde. "Aber das würde in dieser Höhe für viele Unternehmen das Aus bedeuten. Wir reden ja auch von Rettungsschirmen und Insolvenzwellen. Jetzt ist vor allem Pragmatismus gefragt."
Gewerkschaft und Arbeitgeber vertagten ihre Verhandlungen für den Bezirk Niedersachsen/Sachsen-Anhalt auf den 11. Oktober.
