Das Bild zeigt Polizisten die einer Gruppe Menschen in Braunschweig gegenüberstehen, die sich nicht an die Corona-Regeln halten. © dpa-Bildfunk Foto: Moritz Frankenberg

Proteste gegen Corona-Politik: Neun Polizisten verletzt

Stand: 11.01.2022 14:45 Uhr

Erneut haben am Montag auch in Niedersachsen Tausende Menschen gegen die Corona-Politik demonstriert. In mehreren Städten wurden Polizisten attackiert - neun Beamte wurden leicht verletzt.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) kritisierte die Proteste. Das Land beobachte eine zunehmende Gewaltbereitschaft. Bei mehreren Versammlungen seien verbotene Gegenstände wie Messer, Pfefferspray, sogenannte Schlagschutzhandschuhe und Pyrotechnik gefunden worden. "Das hat dann wirklich nichts mehr mit einfachem Protest zu tun", sagte Pistorius am Dienstag.

Polizei leitet mehr als 50 Strafverfahren ein

Nach Angaben des Innenministerium gab es am Montag landesweit 186 Versammlungen gegen Corona-Maßnahmen, an denen mehr als 14.000 Menschen teilnahmen. Neben mehr als 770 Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten leitete die Polizei auch mehr als 50 Strafverfahren ein. In 23 Fällen habe es sich um Widerstandshandlungen gegen eingesetzte Polizistinnen und Polizisten gehandelt, so das Ministerium.

Demonstrant schlägt Polizistin ins Gesicht

Unter anderem wurden nach Polizeiangaben Beamte bei Demonstrationen in Braunschweig, Celle, Wolfsburg, Gifhorn und Delmenhorst angegriffen. In Celle schlug ein Mann einer Polizeibeamtin ins Gesicht. Die Einsatzkräfte hatten demnach eine Versammlung beendet, deren Teilnehmer sich unkooperativ gezeigt hätten. Der Mann sei vor der Attacke zuerst verbal aggressiv geworden, als ihm ein Platzverweis angedroht wurde.

Drei verletzte Polizisten in Gifhorn und Braunschweig

In Braunschweig beteiligten sich laut Polizei etwa 650 Menschen an den Protesten gegen die Corona-Politik. Als die Beamten in der Nähe des Domplatzes eine größere Gruppe stoppte, weil sie die unangemeldete Aktion als Versammlung wertete, sich aber kein Versammlungsleiter fand, versuchten die Demonstranten, gewaltsam eine Polizeikette zu durchbrechen. Einige Teilnehmer seien vorläufig festgenommen worden, ein Polizist sei verletzt worden, teilte ein Sprecher mit. In Gifhorn gingen insgesamt fast 1.000 Menschen auf die Straße - zwei Beamte wurden hier leicht verletzt. Die Polizei leitete auch hier entsprechende Strafverfahren ein. Zudem seien viele Verstöße gegen die Maskenpflicht festgestellt worden.

Oldenburg: Pfefferspray gegen linke Gegendemonstranten

Auch in Delmenhorst wurde eine Polizistin verletzt. In Oldenburg und Einbeck mussten Polizeibeamte Gegner der Corona-Politik von Gegendemonstranten voneinander trennen. In Oldenburg setzten Beamte einen Hund und Pfefferspray gegen linke Gegendemonstranten ein. In Verden waren laut Polizei 400 Menschen unterwegs und demonstrierten unter anderem mit Plakaten. Dort und in vielen anderen Orten in Niedersachsen blieb es aber friedlich. In zahlreichen Städten war die Polizei mit einem Großaufgebot vor Ort. Laut Innenministerium wurden insgesamt mehr als 3.600 Beamte eingesetzt.

Brockmann: Mehr Gegendemos mit mehr Teilnehmern

Landespolizeipräsident Axel Brockmann sagte, dass die Zahl der Gegenveranstaltungen am Montag und am Wochenende zugenommen habe. Die Teilnehmer würden sich überwiegend an Auflagen wie Maskenpflicht und Abstände halten. Vereinzelt komme es aber auch zu aufgeheizten Gemütern und Provokationen der Gegenseite. Brockmann appellierte in diesem Zusammenhang an die Menschen, sich friedlich zu verhalten und sich nicht provozieren zu lassen.

Landkreise: Unangemeldete Versammlungen von "Querdenkern" müssen aufhören

In einigen Orten setzten Menschen am Montag auch Zeichen gegen die zunehmende Gewalt bei den Protesten. In Hameln beispielsweise bildeten rund 400 Menschen eine Menschenkette um das Rathaus. Die Landkreise in Niedersachsen hatten im Vorfeld ein Ende der sogenannten Spaziergänge gegen die Corona-Maßnahmen gefordert. "Der sprunghafte Anstieg der Inzidenzzahlen sollte auch den Letzten wachrütteln: Wir brauchen jetzt alle verfügbaren Kapazitäten der öffentlichen Verwaltung zum Schutz von Menschenleben", sagte der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages, Hubert Meyer, am Montag in Hannover.

"Kindisch anmutende Katz- und Maus-Spiele"

Die Landkreise als Versammlungs- und Gesundheitsbehörden erwarteten, dass die unangemeldeten Versammlungen von "Querdenkern" und anderen Protestierenden aufhören und das Versammlungsrecht respektiert wird. Für "kindisch anmutende Katz- und Maus-Spiele" sei die Lage viel zu ernst, sagte Meyer. Wer öffentlich seine Meinung kundtun wolle, solle das mit offenem Visier tun, eine Versammlung anmelden und sich an die Regeln halten.

"Harzer Erklärung" sammelt Unterschriften für konsequente Corona-Politik

Am Mittwoch will das "Aktionsbündnis Südniedersachsen gegen rechtsextreme Coronaleugner:innen" in der Innenstadt von Herzberg öffentlich Stellungnahmen seiner Unterstützer vorstellen. Wie das Bündnis am Montag mitteilte, handele es sich um Kommentare von Online-Unterzeichnern der sogenannten "Harzer Erklärung". Die Unterzeichner sprechen sich den Angaben zufolge "gegen eine Verharmlosung der Pandemielage" und "für eine konsequente Coronapolitik" aus. Es habe sich gezeigt, dass die große Mehrheit der Bevölkerung die Ablehnung der Corona-Maßnahmen durch eine teils radikale Minderheit verurteile und als Hindernis bei der Eindämmung der Pandemie sehe. Für die Aktion habe das Bündnis bereits mehr als 1.000 Unterschriften gesammelt, hieß es.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 11.01.2022 | 09:00 Uhr

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