Zahlreiche Reisende kommen am Bahnhof Norddeich Mole an. © picture alliance/dpa/Sina Schuldt Foto: Sina Schuldt

Niedersachsen: Viele Ideen für Nachfolge von Neun-Euro-Ticket

Stand: 03.08.2022 08:33 Uhr

Wird es eine Nachfolge für das Ende August auslaufende Neun-Euro-Ticket geben? Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) glaubt nicht an eine Fortsetzung - und setzt auf Alternativen.

Eine Weiterführung des Angebots, womöglich in angepasster Form, sei ihm zwar am liebsten, sagte Weil der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Dies sei jedoch nach den Aussagen von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) unrealistisch. "Also müssen wir versuchen, nach und nach für immer mehr Bevölkerungsgruppen günstige Angebote auf die Beine zu stellen", sagte Weil. Als Beispiel verwies er auf das in Niedersachsen bereits vorhandene Schüler- und Azubiticket für 30 Euro im Monat. Das Land gebe dafür 25 Millionen Euro in diesem Jahr und ab kommenden Jahr 30 Millionen jährlich.

Norddeutsche Folgelösung?

In der Debatte um ein Nachfolgemodell des Neun-Euro-Tickets hatte zuvor das Verkehrsministerium in Niedersachsen ein norddeutsches Modell vorgeschlagen: "Sollte ein bundesweites Ticket nicht umsetzbar sein, könnten alternativ auch die fünf norddeutschen Bundesländer etwas auf die Beine stellen." Auch aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern kommen Anregungen. Finanzminister Lindner lehnt eine einfache Fortsetzung des Neun-Euro-Tickets ab. Mitte August wollen Bund und Länder beraten.

Der Landesschülerrat Niedersachsen fordert eine Weiterführung des Neun-Euro-Tickets. Das Ticket habe den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in seiner Zugänglichkeit revolutioniert, heißt es. "Das Neun-Euro-Ticket kann eine Brücke zwischen Schule und Freizeit schlagen", sagte Louisa Basner vom Landesschülerrat. Es gebe für viele Schülerinnen und Schüler einen Mehrwert, "welcher weit über den schulischen Nutzen hinausgeht" - vor allem für Kinder aus einkommensschwachen Familien.

Althusmann: Bund muss Verantwortung übernehmen

Niedersachsens Verkehrsminister Bernd Althusmann (CDU) sieht den Bund in der Pflicht. "Es kann ja nicht sein, dass der Bund das Ticket initiiert, die Umsetzung den Ländern überlässt, sich für den Erfolg feiern lässt und dann keine Verantwortung für eine Anschlusslösung übernehmen will." Der CDU-Politiker geht davon aus, dass ein Folgeangebot nur mit einer deutlichen Anhebung der Bundesgelder möglich sein wird. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte bereits Anfang Juli gesagt, dass er nicht von einer Fortsetzung des Angebots ausgeht. Parteiübergreifend überwiegt in Niedersachsen Zustimmung zum Neun-Euro-Ticket und zu einem entsprechenden Angebot nach Auslaufen der Aktion.

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Hamburg: Brauchen einheitliche Flatrate für Nahverkehr

In Hamburg forderte Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) eine Lösung für alle Länder. "Wir brauchen eine einheitliche deutschlandweite Flatrate für den öffentlichen Nahverkehr", sagte er. Bund und Länder müssten zügig ein "attraktives Nachfolgeangebot" erarbeiten. In Hamburg wurden 1,8 Millionen Neun-Euro-Tickets verkauft. Im Juni hatte der Hamburger Verkehrsverbund (HVV) nach eigenen Angaben erstmals mehr Fahrgäste, als im Vor-Corona-Sommer.

MV: CDU-Fraktion begrüßt Niedersachsen-Plan

Eine weitere Reaktion auf den niedersächsischen Vorstoß kam aus Mecklenburg-Vorpommern: Die CDU-Fraktion im Landtag unterstützt die Idee eines norddeutschen Modells. Die Bundesregierung sei beim Thema einer Anschlusslösung zerstritten, "insofern ist ein verkehrspolitisches Miteinander der Nordländer absolut richtig, um den Druck auf den Bund zu erhöhen, aber auch Chancen eines länderübergreifenden Verkehrskonzeptes zu entwickeln", sagte der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Daniel Peters. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es bereits ein 365-Euro-Ticket für Azubis. 2023 soll dann die Jahreskarte für einen Euro am Tag für Seniorinnen und Senioren folgen.

SH: Norddeutsche Lösung ohne Bund funktioniert nicht

Aus dem schleswig-holsteinischen Verkehrsministerium kamen verhaltene Reaktionen auf die Idee aus Hannover. Man müsse das Momentum aus Klimaschutzgründen nutzen, um mehr Menschen vom Auto auf die Schiene zu bringen, hieß es. Dafür brauche es eine klare Ansage des Bundes, in welcher Höhe Geld dafür bereitstehe, sagte Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos) am Montag dem NDR in Niedersachsen. Ein Anschlussticket mache nur dann Sinn, wenn auch das Angebot ausgebaut wird. "Eine norddeutsche Lösung wird ohne den Bund im Boot nicht funktionieren", so Madsen, der den Dialog begrüßt: "Ich glaube, dass der Versuch mit dem Neun-Euro-Ticket gezeigt hat, dass wir an die Mobilität rangehen können. Das ist auch von allen gewünscht." Man könne darüber reden, auch über die verschiedene Vorschläge - wie zum Beispiel die 69-Euro-Monatskarte. "Ich glaube, das Allerwichtigste ist die Tarifeinheit, die Vereinfachung für die Menschen. Ich möchte es simpel und einfach haben. Dann bin ich auch gerne bereit, das zu nutzen."


03.08.2022 07:59 Uhr

Hinweis der Redaktion: In einer vorherigen Version des Artikels hieß es, dass Niedersachsens Ministerpräsident Weil ein 30-Euro-Ticket für Azubis und Schüler als möglichen Nachfolger für das Neun-Euro-Ticket ins Spiel gebracht hat. Das ist nicht richtig: Das Azubi-Ticket gibt es in Niedersachsen bereits. Die Aussage Weils dazu wurde falsch interpretiert.

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Funkbilder - der Tag | 02.08.2022 | 16:00 Uhr

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