Grant Hendrik Tonne (SPD), Kultusminister in Niedersachsen, gestikuliert während eines Interviews (Archiv). © picture alliance/Peter Steffen Foto: Peter Steffen

Neues Schuljahr: Hunderte Lehrerstellen noch unbesetzt

Stand: 23.07.2022 08:00 Uhr

Kurz vor Beginn des neuen Schuljahrs ist etwa jede vierte ausgeschriebene Lehrerstelle noch nicht besetzt. Das geht aus Zahlen des Kultusministeriums hervor, die dem NDR in Niedersachsen vorliegen.

von Torben Hildebrandt

Demnach sind von insgesamt 2.085 ausgeschriebenen Stellen 1.584 besetzt. Das entspricht einer Quote von 76 Prozent. Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) wertet diese Zahl als "durchaus positive Entwicklung". Er hofft, bis zum Ende der Sommerferien weitere Lehrkräfte gewinnen zu können. "Die Ferien sind den Schulen und den Lehrkräften vollumfänglich zu gönnen", sagte der Minister dem NDR. "Aber die Einstellungen müssen und sollen weiterlaufen mit Blick auf das neue Schuljahr."

Schulleiter: Situation bleibt "bitter und schwierig"

Der Minister hatte kürzlich zusätzliche Lehrerstellen ausgeschrieben, um die Personalprobleme an den Schulen abzumildern. Der Landesvorsitzende des Schulleitungsverbandes, René Mounajed, attestiert der Landesregierung ein "enormes Bemühen" - allerdings rechnet er nicht damit, dass sich die Lage wesentlich entspannt. "Wenn die Stellen nicht besetzt werden können, hat sich an der Sachlage vor Ort ja nichts verändert", erläutert Mounajed. "Dann bleibt das große Personaldefizit bestehen. Und die Kolleginnen und Kollegen stehen dann da und wissen nicht, was sie machen sollen." Wenn Lehrkräfte nicht in ländliche Regionen wollen oder die Fächerkombination nicht passt, bleibe es für viele Schulen "bitter und schwierig", so Mounajed.

Gewerkschaft glaubt nicht an großen Wurf

Auch die Bildungsgewerkschaft GEW bezweifelt, dass sich Einstellungsquote von 76 Prozent noch stark erhöht. "Ich glaube nicht, dass das noch der ganz große Wurf wird", sagt der GEW-Landesvorsitzende Stefan Störmer. "Wo keine Lehrkräfte sind, kann ich auch keine gewinnen. Der Markt ist abgegrast."

Tonne: "Das kommende Schuljahr wird eines der anspruchsvollsten"

Kultusminister Tonne begründet die Personalprobleme an den Schulen mit dem allgemeinen Lehrkräftemangel und mit zusätzlichen Schülern aus der Ukraine. Laut Ministerium werden in Niedersachsen rund 15.000 geflüchtete Kinder und Jugendliche unterrichtet. Außerdem verweist der Minister auf Corona-Folgen und die Tatsache, dass viele junge Lehrkräfte in Mutterschutz und Elternzeit sind. "Das kommende Schuljahr wird schon eines der anspruchsvollsten", sagte der Minister.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 23.07.2022 | 08:00 Uhr

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