Landtag beschließt Info-Kampagne zur Corona-Impfung
In Niedersachsen soll kurzfristig eine flächendeckende Informationskampagne zur Corona-Impfung beginnen. Das haben die Landtags-Abgeordneten auf einer Sondersitzung mit großer Mehrheit beschlossen.
Die Regierungsfraktionen von SPD und CDU hatten die Kampagne zum Impfen beantragt. "Es gibt in der Bevölkerung einen ganz hohen Bedarf an Informationen, nicht zuletzt, damit die Menschen in unserem Land sich für eine Impfung entscheiden", sagte Sozialministerin Carola Reimann (SPD).
Kampagne soll kurzfristig beginnen
Die mit sehr großer Mehrheit bei wenigen Enthaltungen beschlossene Kampagne soll kurzfristig beginnen und über einen längeren Zeitraum über Rundfunk, Zeitungen, Fernsehen und die sozialen Medien erfolgen. Darin soll über die Impfstoffe, Sinn und Risiken einer Impfung sowie die Priorisierung der Impfgruppen, den Impfablauf und die Terminvergabe informiert werden.
Regierungserklärung von Stephan Weil
Zum Auftakt der Sitzung hatte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) in seiner Regierungserklärung deutlich gemacht, dass er die Verlängerung der Corona-Maßnahmen für unerlässlich hält. "Der Shutdown mit all seinen Einschränkungen reduziert unser aller Lebensqualität, er sorgt für neue Schäden in ganz unterschiedlichen Teilen unserer Gesellschaft. Aber er ist auch Basis für die Überwindung dieser Krise und die Fortschritte in den nächsten Monaten", betonte Weil. Die Infektionszahlen müssten jetzt mit aller Macht heruntergebracht und danach niedrig gehalten werden.
Noch mehr Vorsicht nötig als bisher
Der derzeitige Abwärtstrend bei den Neuinfektionen sei mit Blick auf die Mutationen des Virus mit großer Vorsicht zu betrachten, sagte Weil. "Wenn du Licht am Ende des Tunnels siehst, bedenke, es könnte der nächste Zug sein", zitierte der Minister ein amerikanisches Sprichwort. Da die hoch ansteckende britische Mutation bereits in Deutschland und Niedersachsen angekommen sei, müsse man in den nächsten Wochen sogar noch vorsichtiger als bisher sein. "Das ist kein Widerspruch", so Weil. "Wir dürfen nicht in eine Falle tappen."
Nachhaltige Strategie nicht realisierbar
Als Ziel für die kommenden Wochen gab Weil aus, so schnell wie möglich einen Inzidenzwert von unter 50 zu erreichen. Der Forderung der Opposition nach einer nachhaltigen Strategie zur Pandemiebekämpfung erteilte er dabei eine Absage. Dieser große Anspruch sei sicher berechtigt, aber nicht realisierbar, da sich "ein dynamisches und unberechenbares Virus keinen politischen Planungen unterwirft", so der Ministerpräsident. Es sei noch keiner Regierung in Deutschland oder Europa gelungen, eine nachhaltige Strategie vorzulegen. "Gegen eine Pandemie gibt es kein Patentrezept, aber viele gute Ansätze, die wir in Niedersachsen gezielt, abgestimmt und konsequent umsetzen."
Impfungen als Fundament der Pandemiebekämpfung
Als entscheidende Bausteine für das Vorgehen in der Pandemie nannte Weil Impfungen, Schutzkonzepte, allgemeine Regeln und Hilfsprogramme. Das Fundament sei dabei der Impfschutz. 42 Prozent der Heimbewohnerinnen und -bewohner sowie des Pflegepersonals hätten bereits geimpft werden können. Weil räumte allerdings ein, dass die Impfstofflieferungen nicht so stabil seien wie erhofft. "Das sorgt natürlich dafür, dass wir längst nicht so schnell vorankommen, wie dies notwendig ist", sagte der Ministerpräsident. Dennoch hoffe er, dass wie vom Bund versprochen bis zur Jahresmitte alle impffähigen Menschen ein entsprechendes Angebot bekommen. "Das ist ambitioniert, aber wir sind fest entschlossen, dass Niedersachsen seinen Anteil an diesem Vorhaben mit großem Engagement leisten wird", sagte er. "Eine geimpfte Gesellschaft muss vor dem Virus keine Angst haben, und das ist unser Ziel."
Impfstoff von AstraZeneca eröffnet neue Perspektiven
Große Hoffnung setze Niedersachsen auf die Zulassung des Impfstoffs von AstraZeneca, die Ende Januar erwartet wird. Der Impfstoff könne im Kühlschrank gelagert und über die Arztpraxen verimpft werden, betonte Weil. Das mache in der Umsetzung vieles leichter. Bei einer Lieferung der bestellten Menge könnten landesweit fünf Millionen Menschen geimpft werden. "Je schneller und je mehr ein solcher Impfstoff zur Verfügung steht, desto eher werden wir das Virus in den Griff kriegen."
Grüne sehen Versäumnisse bei Homeoffice-Regelung
Die Opposition bemängelte an der Corona-Politik der Landesregierung unter anderem Schwächen beim Schutz vor Infektionen. Die Grünen, so der Abgeordnete Christian Meyer, hätten schon frühzeitig angeregt, Kontakte auf dem Weg zur Arbeit und bei der Arbeit selbst zu reduzieren. Wie wichtig das sei, hätten unter anderem Ausbrüche in Schlachthöfen gezeigt. Hier müsse die Landesregierung mehr tun - und ein Recht auf Homeoffice für Arbeitnehmer durchsetzen, so Meyer. Auch mit Weils erneuter Absage an eine langfristige Strategie wollten sich Grüne und Liberale nicht zufrieden geben. Sie wollen für den bereits erstellten Lockerungsplan Angaben, ab welcher Inzidenz diese in Kraft treten sollen.
Opposition beklagt Zögern der Landesregierung
Ein gravierender Fehler der Regierung in der Corona-Politik sei, dass diese dem Parlament nicht zuhöre. "Sie finden das lästig", so Meyers Vorwurf. FDP-Fraktionschef Stefan Birkner monierte ebenfalls, dass die rot-schwarze Landesregierung Vorschläge der Opposition zu zögerlich aufgreife. Er warf ihr schlechtes Krisenmanagement vor, der verpatzte Impfstart und die Probleme um die Impfeinladungen seien Beispiele dafür. Bei den Infobriefen hätten die Grünen vorgeschlagen, Meldedaten zu nutzen, so Meyer. Das aus Datenschutzgründen abzulehnen, habe ihm nicht eingeleuchtet: "Jede Kommune schickt 80-Jährigen zum Geburtstag einen Brief. Was ist denn da mit dem Datenschutz?"
Kostenlose Corona-Tests für Abgeordnete und Mitarbeiter
Die Abgeordneten und ihre Mitarbeitenden konnten sich erstmals vor der Plenarsitzung kostenlos auf eine Infektion mit dem Coronavirus testen lassen. Landtagspräsidentin Gabriele Andretta erklärte, sie halte es in Abstimmung mit den Fraktionsspitzen für erforderlich, die Schutzmaßnahmen zu erhöhen. Auch Journalisten konnten das Angebot nutzen. Die Tests sind freiwillig und erfolgen auf Kosten des Landtags, hieß es.
