Kliniken müssen immer mehr Covid-19-Patienten beatmen
Die Pandemielage in Niedersachsen hat sich drastisch verschärft. Die Zahl der beatmungspflichtigen Corona-Erkankten ist sprunghaft angestiegen - der Krisenstab der Landesregierung warnt.
Nach Auskunft des Leiters des Corona-Krisenstabs im Sozialministerium, Heiger Scholz, verzeichneten die Kliniken in Niedersachsen derzeit einen sehr deutlichen Anstieg an Covid-19-Patienten. Vor dem Sozialausschuss im Landtag mahnte Scholz, die Entwicklung müsse unbedingt gebremst werden, sonst befürchte er gravierende Folgen für Niedersachsens Krankenhäuser: "Der Beatmungsbedarf entsteht ungefähr zwei bis drei Wochen nach der Infektion. Das heißt, wir wissen, dass in den letzten zwei bis drei Wochen die Infektionszahlen deutlich gestiegen sind, also müssen wir auch davon ausgehen, dass der Beatmungsbedarf deutlich steigen wird, in den nächsten Wochen."
Ab kommender Woche wieder Covid-Vorrang
Kommende Woche tritt die geänderte Krankenhausverordnung in Kraft. Danach soll der Betrieb in den Kliniken wieder wie zu Beginn der Corona-Pandemie zurückgefahren werden. Dann sollen nur zwingend nötige Behandlungen und Operationen stattfinden. So sollen die Kliniken Personal- und Raumkapazitäten für weitere Covid-19-Fälle frei machen.
Der Engpass ist das Personal
Die SPD-Abgeordnete Thela Wernstedt berichtete im Ausschuss, etliche Kliniken signalisierten schon jetzt gravierende Personalengpässe - insbesondere aufgrund von Quarantäne-Maßnahmen für Beschäftigte. Krisenstabsmanager Scholz verwies auf die Zusage der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft, NKG, die Kliniken hätten alles getan, die Personalausstattung für Beatmungskapazitäten zu sichern. Demnach sei umfangreich Personal für den Einsatz an Intensivbetten nachgeschult worden. Zudem, so Scholz, gehe er davon aus, dass Quarantäne-Regelungen bei symptomfreien infizierten Pflegekräften aufgelockert werden müssten. Wer keine Symptome zeige, könne durchaus seinen Dienst am Bett eines Beatmungspatienten leisten.
Pflegekräfte entlasten
Susanne Schütz, sozialpolitische Sprecherin der FDP, forderte, es müsse alles getan werden, um Pflegekräfte zu entlasten. Schnelltests müssten beispielsweise nicht zwingend von ausgebildeten Pflegekräften gemacht werden. Dazu könnten andere Kräfte geschult werden, damit die Pflegekräfte am Bett des Patienten bleiben könnten.
Land verfügt über 2.500 Intensivbetten
Niedersachsen hat seine Intensivbettenkapazitäten im Laufe des Jahres von 1.900 im März auf aktuell rund 2.500 Plätze ausgebaut. Unterdessen hat die französische Regierung ein Amtshilfeersuchen an Deutschland gerichtet. Zu den für französische Beatmungspatienten bereitgestellten 40 Betten will Niedersachsen mit zehn Plätzen beitragen - an der MHH, der Uni-Klinik Göttingen und am Klinikum Braunschweig.
Hinweis der Redaktion: Die in einer ersten Fassung dieses Textes genannten Belegungszahlen stammten aus dem Krisenstab und aus der Pressestelle des Sozialministeriums. Da die absoluten Zahlen und die Prozentangaben nicht zusammenpassten, haben wir sie aus dem Text entfernt. Durch unterschiedliche Meldewege und Zeiten kommt es häufig zu Unstimmigkeiten in den jeweiligen Zahlenwerten. Der grundsätzliche Trend ist jedoch deutlich erkennbar.
