Fotomontage: Ein Schild mit "Notfallplan Gas - Alarmstufe -" vor dem Berliner Reichstagsgebäude. © picture alliance / SULUPRESS.DE | Torsten Sukrow/SULUPRESS.DE Foto: Torsten Sukrow

Gas-Alarmstufe: Lies will mit Menschen reden

Stand: 24.06.2022 08:26 Uhr

Bundeswirtschaftsminister Habeck hat die zweite Alarmstufe im Notfallplan Gas ausgerufen. Ab Juli soll in Mehrum wieder Kohle verbrannt werden. Minister Lies will den Niedersachsen die Situation näherbringen.

"Gas ist von nun an ein knappes Gut in Deutschland", sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Donnerstag. Die Versorgungssicherheit sei zwar aktuell gewährleistet, sparen sollten die Verbraucher aber besser jetzt schon. Habeck kündigte zudem Sparanreize für industrielle Verbraucher von Gas an. Niedersachsens Umwelt- und Energieminister Olaf Lies (SPD) verwies im Gespräch mit dem NDR in Niedersachsen darauf, mit den Bürgerinnen und Bürgern sprechen zu wollen.

Preissteigerung sei "für viele unheimlich bedrohlich"

"Das nächste wird sein, dass die Industrie einen Beitrag leisten muss", sagte Lies. "Aber wir werden auch mit den Menschen reden müssen." Er wolle für eine Kampagne mit dem Handwerk werben, um möglichst einfach beim Heizen den Gasverbrauch zu reduzieren. Ob die Verbraucher da mitmachen würden? "Ich glaube, die Verbraucher sind extrem sensibel", sagte Lies. "Diese Preissteigerungen, die sie erleben, sind ja für viele unheimlich bedrohlich."

Lies: Land muss sich auf Alarmstufe vorbereiten

Unterdessen hält Lies auch das Ausrufen der Alarmstufe - das ist die dritte und höchste Stufe des Gas-Notfallplans - für möglich. Das Land müsse sich darauf vorbereiten. "Die wäre natürlich dramatisch, weil dann würde man zum Beispiel Unternehmen vom Gasnetz abschalten." Man diskutiere intensiv darüber, welche der Industrien nicht zwingend gebraucht würden. Darauf gebe es "keine einfache Antwort". "Deswegen müssen wir alles dafür tun, dass wir nicht in die Situation kommen, einzelne Verbraucher, Industriebetriebe abschalten zu müssen - sondern heute alle Maßnahmen ergreifen, um so wenig wie möglich Gas in einer Zeit zu verbrauchen, in der wir noch sparen können."

Althusmann: Bund hat Zeit verstreichen lassen

In Mehrum im Landkreis Peine soll derweil schneller wieder Steinkohle verbrannt werden als zuletzt geplant. Dort laufen jetzt die Vorbereitungen auf Hochtouren, damit das gelingt. Laut des Geschäftsführers seien die Anlagen betriebsbereit, doch das Kohlelager nicht voll genug. Nun müsse Steinkohle aus dem Ausland besorgt werden. Für Niedersachsens Wirtschaftsminister kommen die Vorbereitungen des Bundes zu spät. Die Bundesregierung habe bei der Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen, die den Einsatz von Kohlekraftwerken ermöglichen, wertvolle Zeit verstreichen lassen, sagte Althusmann am Donnerstag. "Wir müssen aufpassen, dass Sparanreize für die Industrie nicht zu massiven Drosselungen der Produktion führen", fügte er hinzu. Das könnte die Inflation weiter befeuern.

Betreiber und Verbraucherzentrale raten zum Sparen

Niedersachsens Unternehmerverbände erwarten, dass Gas an der Börse zunehmend teuer eingekauft werden muss. Doch was bedeutet das für die Verbraucher in Niedersachsen? Für die Stadt Osnabrück habe die zweite Stufe im Notfallplan noch keine Folgen, teilten die Stadtwerke mit. Weder für Privathaushalte noch für Unternehmen. Dennoch ruft der Betreiber dazu auf, Gas sparsam zu verbrauchen. Dass es schon im Alltag viele Möglichkeiten gebe, den eigenen Energieverbrauch zu senken, erklärt auch die Verbraucherzentrale Niedersachsen. "Oft sind schon kleine Änderungen im Alltag effektiv", sagt Energieberater Florian Lörincz. Mit dem Ausrufen der Alarmstufe sei die Nachfrage bei der Verbraucherzentrale erneut angestiegen. Lörincz erklärt, dass die Verbraucher zunächst noch nicht mit steigenden Preisen rechnen müssten.

Salzgitter AG: können Folgen noch nicht abschätzen

Was die zweite Stufe im Gas-Notfallplan für die Salzgitter AG bedeutet, ist noch nicht klar. Man fahre auf Sicht, sagte Konzernsprecher Thorsten Möllmann am Donnerstag. Bislang läuft es aber noch gut für das Unternehmen. Trotz der derzeitigen hohen Energiepreise haben die Stahlkocher ihre Gewinnprognose für dieses Jahr deutlich angehoben. Der Grund: der hohe Stahlpreis. Bezogen auf die Folgen der Alarmstufe sagte Möllmann: "Das sind kaum qualifizierbare Risiken, die wir hier sehen - und man kann es einfach nicht prognostizieren." Bis zu einem gewissen Maße ließen sich die jetzt schon hohen Energiekosten durch gedrosselte Produktionsabläufe auffangen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Braunschweig | 23.06.2022 | 15:00 Uhr

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Energie

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