Nach dem Erdbeben in Kahramanmaraş in der Türkei: Rettungsteams retten 15-Jährige lebend aus Trümmern. © @fire Foto: @fire

Erdbeben in der Türkei: Helfer aus Niedersachsen retten 15-Jährige

Stand: 11.02.2023 09:20 Uhr

Die Helfer der Organisation @fire aus Niedersachsen haben am Freitagnachmittag in Kahramanmaraş eine 15-Jährige lebend aus den Trümmern gerettet. Das Mädchen war 110 Stunden verschüttet.

In einer Mitteilung der Hilfsorganisation vom Freitagabend heißt es, die Rettung grenze "an ein Wunder". Mit jeder Stunde schwinde die Wahrscheinlichkeit, noch Menschen lebend aus den Trümmern retten zu können. An der Rettungsaktion waren neben @fire weitere Teams aus Großbritannien, Österreich und der Türkei beteiligt. Die in Wallenhorst (Landkreis Osnabrück) ansässige Hilfsorganisation @fire ist aktuell mit 40 Kräften und drei Rettungshunden in der Stadt im Einsatz. Verstärkung war am Donnerstag in der Türkei eingetroffen. Mindestens vier Menschen konnten die Katastrophenschützer eigenen Angaben zufolge davor aus den Trümmern bergen. In einer weiteren Mitteilung hatte @fire am frühen Freitagabend angekündigt, die Suche nach Überlebenden am Wochenende einstellen zu wollen.

Erdbeben in der Türkei und Syrien: Hinterbliebenen Gewissheit geben

Nach fast 20 Stunden hatte @fire in der Nacht zu Donnerstag eine Mutter und ihr sechs Jahre altes Kind aus einem eingestürzten Haus in Kahramanmaraş befreit. Die Aktion sei sehr schwierig gewesen, sagte @fire-Sprecher Sebastian Baum. Schon am Mittwochmorgen konnte das Team zwei Menschen lebend befreien. Für solche Einsätze sind die Helfer von @fire ausgebildet worden. Doch Sprecher Sebastian Hodapp weiß, dass solche Momente nur einen ganz kleinen Anteil des Leides in den Erdbeben-Regionen lindern können. In vielen Fälle kann das Team nicht mehr helfen. Auch für die ausgebildeten Katastrophenhelfer ist das eine belastende Situation. "Es geht darum, sich bewusst zu machen: Wir fahren nicht wegen der Toten ins Einsatzgebiet, sondern um den Überlebenden zu helfen", sagt Hodapp dem NDR Niedersachsen. Auch wenn das bedeutet, den Hinterbliebenen Gewissheit zu geben, was mit ihren Angehörigen geschehen ist.

VIDEO: "Müssen damit umgehen, dass wir vielen nicht helfen können" (2 Min)

Rettungseinsatz noch bis zum Wochenende möglich

Eigentlich sollten die Retter von @fire maximal zwölf Stunden am Stück im Einsatz sein. "Hier wird natürlich gearbeitet, bis die Person befreit ist", erklärt Hodapp. Er geht davon aus, dass noch bis mindestens zum Wochenende weiter nach Überlebenden in den Trümmern gesucht wird. "Mit jeder Stunde sinkt natürlich die Wahrscheinlichkeit der Überlebungsfähigkeit der verschütteten Personen", sagt Hodapp. Nach Regierungsangaben sind insgesamt mehr als 7.000 Helfer in der Türkei im Einsatz. Sie werden von Suchhunden unterstützt.

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In der türkischen Stadt Antakya wurden Blumen auf ein im Februar 2023 vom Erdbeben zerstörtes Haus gemalt. © Boris Roessler/dpa Foto: Boris Roessler/dpa

Spenden: Wie Sie den Erdbebenopfern helfen können

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Helfer im Zentrum des Bebens im Einsatz

"Das ist eine Art Höhlenrettung", schildert @fire-Mitbegründer Jan Südmersen das Vorgehen bei verschütteten Menschen. "Man versucht sich Gänge zu machen in die Gebäude und sich direkt zu den Verschütteten vorzuarbeiten und sie rauszuholen. Das ist eine schwierige und technische Arbeit, für die wir aber ausgebildet sind," sagt Südmersen.

Täglich drei Bundeswehr-Hilfsflüge von Wunstorf in die Türkei

Mit einem Gabelstapler werden Hilfsgüter aus einem Airbus ausgeladen. Sie kommen in der Türkei in Incirlic nach dem schweren Erdbeben zum Einsatz. © Bundeswehr
Die ersten mit Hilfsgütern beladenen Militärflugzeuge aus Wunstorf landeten am Donnerstag in Incirlik in der Türkei.

Auch die Hilfe aus Deutschland läuft. Auf dem Fliegerhorst Wunstorf (Region Hannover) sind Hilfsflüge der Luftwaffe ins Erdbebengebiet gestartet. Drei Flugzeuge vom Typ Airbus A400M sind am Donnerstag von Wunstorf aus in die Türkei gestartet und mit 50 Tonnen Material auf dem Militärflughafen Incirlik in der Nähe des Erdbeben-Gebiets gelandet. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kündigte am Freitag bei einem Besuch mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) an, die Lieferungen so lange fortsetzen zu wollen, wie es nötig sei.

Rund 80 Tonnen Hilfsgüter an Bord

An Bord der ersten drei Maschinen befanden sich nach Angaben des Technischen Hilfswerks (THW) unter anderem knapp 200 Feldbetten, Schlafsäcke und Decken, außerdem Zelte, Heizgeräte und Isomatten. Die rund 80 Tonnen Hilfsgüter stammen den Angaben zufolge zum Großteil aus dem Logistikzentrum des Auswärtigen Amtes im Großraum Ulm.

Land schickt Betten, Decken und Zelte

Auch das Land Niedersachsen kündigte an, Hilfsgüter ins Krisengebiet zu schicken. Darunter seien unter anderem 15.000 Feldbetten, 5.000 Decken, 4.000 Bekleidungs-Sets sowie je 50 winterfeste Zelte und Heizgeräte, hieß es aus dem Innenministerium. Man habe dem Bund, der die Hilfe koordiniert, das genannte Material angeboten. "Weitere staatliche Hilfsersuchen werden wir, wenn sie hier eingehen, umgehend prüfen und in jeder uns möglichen Weise helfen", sagte Innenministerin Daniela Behrens (SPD).

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 10.02.2023 | 12:00 Uhr

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