Ehrung für einen NS-Juristen stößt auf Widerstand

Mehr als 250 Wissenschaftler und Künstler aus den Niederlanden haben gegen die geplante Errichtung eines Osnabrücker Friedensinstitutes unter dem Namen Hans Georg Calmeyer protestiert. In einer Petition an den deutschen Botschafter fordern sie die Bundesregierung am Donnerstag auf, das Institut nicht zu subventionieren. Calmeyer entschied in der NS-Zeit als Jurist der deutschen Besatzer in den Niederlanden darüber, ob jemand Jude war oder nicht.
In Yad Vashem ausgezeichnet
In rund 2.500 Fällen soll Calmeyer durch sogenannte Arier-Gutachten Menschen vor der Deportation bewahrt haben, manche sprechen sogar von 5.000. In mindestens 1.500 Fällen soll er diese Gutachten aber auch abgelehnt haben. Darauf beziehen sich die Kritiker in ihrer Petition. Der Osnabrücker Rat hatte 2017 einstimmig beschlossen, ein Konzept für das Hans-Calmeyer-Haus zu entwickeln. Für seine Rettungstaten war Calmeyer, der auch der "Schindler von Osnabrück" genannt wird, 1992 von der Gedenkstätte Yad Vashem in Israel ausgezeichnet worden.
Calmeyer urteilte nach den Nürnberger Gesetzen
Calmeyer (1903-1972) entschied während der deutschen Besatzung der Niederlande nach den Nürnberger Gesetzen, ob jemand Jude war oder nicht. In der Petition heißt es, er habe als Beamter einem verbrecherischen System angehört. "Er beteiligte sich aktiv an der Vernichtung von mindestens 104.000 in den Niederlanden ansässigen Juden. Daher kann man ihn schwerlich ohne Vorbehalt als Helden bezeichnen."
Leon de Winter gehört zu den Unterzeichnern
Zu den Unterzeichnern der Protestnote gehören internationale Historiker, niederländische Politiker, Künstler, Überlebende des Holocaust und Vertreter der jüdischen Gemeinschaft. Auch der Schauspieler Jeroen Krabbé, Bestseller-Autor Leon de Winter und der Dirigent Jaap van Zweden haben unterzeichnet.
Haus soll Vielschichtigkeit des Themas darstellen
Inzwischen gibt es auch in Osnabrück eine kontroverse Diskussion darüber, ob die Benennung "Hans-Calmeyer-Haus" angemessen ist. Unstrittig ist, dass der Jurist vielen Juden das Leben gerettet hat. "Wir wissen auch, dass er das nur konnte, weil er zugleich Mitarbeiter der Nazi-Verwaltung in Holland war, also der Besatzer", sagte Stadtsprecher Sven Jürgensen. Ziel sei es nicht, Calmeyer "einseitig" darzustellen, sondern der Vielschichtigkeit des Themas gerecht zu werden.
