Wird die Europawahl digital beeinflusst?
"Facebook hat Donald Trump zum US-Präsidenten gemacht" - dieser Satz fällt immer wieder. Natürlich war da erst der Populist - und dann das soziale Netzwerk. Dazu kamen allerdings digitale Kampagnen pro Trump - nachweislich unter anderem aus Russland. Gut zwei Monate vor der Europawahl wollen Internet-Plattformen wie Google, Facebook oder Twitter verhindern, dass auch diese Abstimmung digital manipuliert wird.

Martin Ott ist der Europa-Chef von Facebook. Der Bundestagsfraktion von CDU und CSU, die am Donnerstag zur Diskussion über "digitale Wahlbeeinflussung" in den Berliner Reichstag eingeladen hatte, brachte der hochkarätige Manager ein Eingeständnis mit - rückblickend zu den Wahlen in den USA: "Wir haben ganz klar zu langsam reagiert. Und auch die Bedrohungslage, gerade wenn's ums Thema Fake News, auch den Einfluss von ausländischen Akteuren geht, haben wir nicht schnell genug erkannt. Das ist so."
Facebook bekämpft Desinformations-Kampagnen
Dann kommt Otts zentrale Botschaft: Facebook habe Fehler gemacht, der digitalen Manipulation zu viel Raum gelassen. Das Unternehmen habe aber daraus gelernt: "Wir haben mittlerweile von 10.000 auf über 30.000 Mitarbeiter aufgestockt, die sich nur um das Thema Integrität und Sicherheit auf der Plattform kümmern. Dabei hat das Thema Wahlen natürlich auch gerade jetzt vor der Europawahl absolute Priorität."
Im Kampf gegen Desinformations-Kampagnen verhindere Facebook laut Ott jeden Tag eine Million Mal, dass jemand ein Fake-Profil anlegt. Dafür habe der Konzern in künstliche Intelligenz investiert - in Programme, die sich selbständig weiterentwickeln. Sie sollen Muster erkennen: ähnliche Namen, die Nutzung aus fragwürdigen Regionen und bestimmte Inhalte.
Auch Twitter nutzt künstliche Intelligenz
Twitter kämpft wiederum vor allem gegen Bots. Das sind Profile, die Nutzer programmiert haben, damit sie besonders viele Einträge in kürzester Zeit verfassen. "Wir haben letzten Sommer 70 Millionen Accounts von Twitter genommen und gehen stetig gegen Accounts vor", sagt Twitter-Lobbyistin Nina Morschhäuser.
Auch das funktioniert nur mit künstlicher Intelligenz. Die aber, das räumt die Lobbyistin offen ein, vertue sich in ihrem Eifer schon mal: "Wir haben zum Beispiel einen großen Feuerwehr-Account als Bot identifiziert und von der Plattform geschmissen, weil sich einfach mehrere gleichzeitig eingeloggt haben und verschiedene Sachen getweetet haben."
Google wird zu "Katz-und-Maus"-Spiel gezwungen
Interessant für die, die Falschnachrichten oder Verschwörungen in Umlauf bringen wollen, sind natürlich auch Suchmaschinen - allen voran: Google. "Das Katz-und-Maus-Spiel, das wir mit Menschen haben, die versuchen, ihre Ergebnisse möglichst weit oben in der Suche zu platzieren, das ist unser tägliches Brot. Was neu oder relativ neu hinzukommt, ist, dass das für politische Inhalte versucht wird zu nutzen", sagt Google-Managerin Sabine Frank.
Als Gegenmaßnahme passe ihr Konzern mehr als 2.000 Mal im Jahr die geheime Zauberformel an, die entscheidet, wo welcher Eintrag in den Suchergebnissen angezeigt wird. Falschnachrichten und Verschwörungen sollen Warnungen bekommen.
Wer steht hinter den Anzeigen?

Die drei Plattformbetreiber Facebook, Twitter und Google haben eine Verabredung mit der europäischen Politik: Werbung zum Europa-Wahlkampf für die Wahl am 26. Mai wollen die Konzerne besonders überprüfen - auch ganz analog, erklärt Twitter-Managerin Nina Morschhäuser: "Alle, die Werbemaßnahmen schalten, müssen sich registrieren und bekommen - um festzustellen, dass der Wohnsitz tatsächlich in der Europäischen Union ist - Post, die sie zurückschicken müssen."
Die Konzerne versehen politische Botschaften auch mit Transparenz-Hinweisen: Nutzer sollen sich jederzeit ansehen können, wer hinter einer Anzeige steht - und auch, für welche Zielgruppe er sie gebucht hat.
Facebook-Europachef Martin Ott kündigt zudem einen "War Room" zur Europawahl an: eine Sicherheitszentrale in Dublin, in der Facebook-Experten mit europäischen Sicherheitsbehörden zusammenarbeiten. Das Ziel: Politische Desinformations-Kampagnen sollen möglichst früh erkannt werden.
