Stand: 15.04.2020 16:21 Uhr

Heer von Privat-Computern hilft im Corona-Kampf

von Christian Kohlhof, NDR 1 Radio MV

Screenshot: Folding at Home 3D Visualization
"Folding at home" zeigt auf Wunsch an, woran der eigene Rechner gerade arbeitet.

Bei der Suche nach einem Mittel gegen die Ausbreitung des Coronavirus Sars-CoV-2 können auch private Computer aus Norddeutschland helfen. Mehrere US-Universitäten und Labore stellen Programme bereit, mit deren Hilfe komplexe Simulationen auf viele kleine Rechner aufgeteilt werden. Damit können Computerbesitzer die Forschung unterstützen, indem sie Rechenkapazität bereitstellen.

Im Leerlauf Proteine falten

"Folding at home" heißt das derzeit weltweit größte Projekt, was sich am ehesten mit "Falten zu Hause" übersetzen lässt. Genau darum geht es im Wesentlichen: Proteine, die Bestandteil jeder Zelle sind, falten sich in sehr viele unterschiedliche Formen. Das Wissen über die genaue Struktur kann unter anderem helfen, den Covid-19-Erreger besser zu verstehen. Berechnungen wie diese sind sehr komplex, darum teilen die Wissenschaftler sie auf ganz viele Rechner auf.

Jeder Rechner bekommt eine Teilaufgabe

Freiwillige Helfer, auf deren Computer die Berechnungssoftware läuft, laden automatisch eine kleine Teilaufgabe herunter. Immer, wenn der eigene Rechner sozusagen im Leerlauf ist, springt im Hintergrund die Simulationssoftware an. Ist die Aufgabe erledigt, lädt das Programm das Ergebnis wieder auf den Server der Universität hoch. Dort entsteht dann aus vielen kleinen Ergebnissen ein Gesamtergebnis.

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Kleiner Download, großes Projekt

Die Software von "Folding at home", die derzeit von der Washington University in St. Louis in den Vereinigten Staaten koordiniert wird, gibt es für alle gängigen Computer-Betriebssysteme. Der Download ist etwa 30 Megabyte groß. Das Programm gibt es aber nur auf Englisch. Die User können mit einem Schieberegler festlegen, wieviel Rechenkapazität sie für das Projekt spenden. Eine persönliche Anmeldung ist möglich, aber nicht notwendig.

Erprobte Methode

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt "Boinc" der Universität von Kalifornien in Berkeley. Auch dieses Projekt nutzt weltweit verteilte Computer, die gemeinsam die sich verändernde Struktur von Proteinen simuliert und berechnet. Der Ansatz des verteilten Rechnens an sich ist nicht neu. Seit etwa 15 Jahren gibt es Projekte wie diese. Sie analysieren Proteine im Zusammenhang mit mehreren schweren Erkrankungen wie Alzheimer oder mehreren Formen von Krebs. Es gab auch ein Projekt, das Weltraumbilder analysierte, um Spuren außerirdischen Lebens zu suchen.

Gigantische Rechenpower

Mit der Ausbreitung des Coronavirus hat "Folding at home" aber einen besonders großen Zulauf zu verzeichnen. Das Projekt hat derzeit über 1,4 Millionen Nutzer. Die dadurch verbundenen Computer haben zusammen eine kaum vorstellbare Rechenleistung. Gemessen wird dies in Rechenschritten pro Sekunde, sogenannten Flops. "Folding at home" schafft etwa 2,4 ExaFlops, das ist eine Eins mit 18 Nullen, multipliziert mit 2,4. Dies übertrifft die Rechenleistung der weltweit 500 schnellsten Computer zusammen. Trotzdem ist auch dies nur ein kleiner Schritt beim Kampf gegen Corona-Viren, möglicherweise aber ein entscheidender.

 

 

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | 15.04.2020 | 16:50 Uhr

Ein Smartphone mit einem eingeblendeten NDR Screenshot (Montage) © Colourbox Foto: Blackzheep

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