Facebook-Geschäftsbedingungen neu verhandeln!
Politiker in mehreren Ländern fordern von Facebook Aufklärung im Datenskandal. Eine britische Firma soll im US-Wahlkampf bis zu 50 Millionen Facebook-Profile ausgewertet haben, um Werbung für den damaligen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump zu machen. Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) sprach in einem Interview von einer "Gefahr für die Demokratie". Die für Facebook zuständige Hamburger Datenschutzbehörde will prüfen, wie viele deutsche Nutzer betroffen sind. Welche Lehren müssen die Facebook-Nutzer und die Politik aus dem Skandal ziehen?
Ein Kommentar von Nils Kinkel, NDR Info

"Keine Ahnung, wer meine Posts zu sehen bekommt." Mit solchen Aussagen versucht Facebook gerade wieder mal das Vertrauen der Kunden zu gewinnen. Die Werbeplakate sollen neugierig machen. Die Botschaft: Facebook kümmert sich um Datenschutz. Jeder, so das Versprechen, kann seine Privatsphäre im Profil entsprechend einstellen.
Aber welche Privatsphäre, bitte schön? Der Fall von Cambridge Analytica zeigt: Die Nutzer wurden gar nicht erst gefragt. Firmen konnten einfach Daten von Facebook-Freunden auswerten und weiterverkaufen. Das war aber nur im Kleingedruckten nachzulesen. Die Funktion aus dem Jahr 2014 hat Facebook inzwischen wieder deaktiviert.
Was passiert mit den gespeicherten Profilen?
Wer aber hat Zeit und Lust, ständig die Geschäftsbedingungen nachzulesen und Häkchen zu setzen? "Kann man sein Profil überhaupt löschen?" Auch diese Frage stellt Facebook in seiner Werbekampagne. Das ist scheinheilig, so lange Behörden nicht kontrollieren können, was mit den gespeicherten Profilen passiert.
Gleichzeitig sammelt Facebook immer mehr Daten; auch von Internet-Nutzern, die sich bei Facebook gar nicht angemeldet haben. Der Konzern erstellt aus solchen Datensätzen sogenannte Schattenprofile. Facebook kauft deshalb auch Daten von externen Anbietern. Es geht um unsere Vorlieben im Supermarkt oder beim Online-Shopping, das große Geschäft eben.
Kunden müssen mehr über Facebook und Co. erfahren
Je mehr Dienste wir abonnieren, umso besser sind die Prognosen für die Händler. Das ist nicht verwerflich. Wer hier mitmischt beim Vernetzen von persönlichen Profilen, der muss aber auch veröffentlichen, an wen er seine Daten verkauft.
Der Skandal von Cambridge Analytica ist bereits vier Jahre alt. Inzwischen sind die Programme wieder einen Tick schlauer und raffinierter. Die Überwachung wird mit jedem Posting und jedem Klick immer genauer. Mit künstlicher Intelligenz können unsere Profile noch viel besser ausgelesen werden. Diese Daten werden bereits jetzt schon an Versicherungen verkauft. Wenn Facebook, Google oder Amazon immer mehr über uns wissen, dann müssen die Kunden endlich auch mehr über ihre Geschäfte erfahren.
Politik darf nicht länger zusehen
Versprechen sind gut, unabhängige Kontrolle ist besser. Das Schweigen von Mark Zuckerberg ist jedenfalls die falsche Antwort auf die vielen Fragen. Die Politik darf nicht länger zusehen, wie Entwickler im Silicon Valley versuchen, die Gesellschaft zu optimieren. "Den Spinnern auf Facebook entkommst du nicht." Das ist auch wieder so eine Werbebotschaft. Wir sollten sie ernst nehmen und mit Facebook die Geschäftsbedingungen neu verhandeln. Wir dürfen sie nicht länger im Kleingedruckten verschwinden lassen.
