Die Wiedervernässung des Hangquellmoors Binsenberg bei Siedenbollentin (Mecklenburgische Seenplatte) ist abgeschlossen. © NDR Foto: Konrad Buchwald

Wiedervernässung des Hangquellmoors Binsenberg abgeschlossen

Stand: 26.05.2022 06:59 Uhr

Mecklenburg-Vorpommern will bis 2040 klimaneutral werden. Damit das gelingt, ist es besonders wichtig, Moore wiederzuvernässen. Mit dem Moor auf dem Binsenberg bei Siedenbollentin (Mecklenburgische Seenplatte) ist ein weiterer Schritt gemacht worden.

von Konrad Buchwald, NDR 1 Radio MV

„Moor muss nass“ – dieser Leitspruch war am Mittwochvormittag immer wieder zu hören. Kein Wunder, denn zahlreiche Naturfreunde, Ökologen und Vertreter der für Landwirtschaft, Umwelt und Naturschutz zuständigen Behörden haben sich auf dem Binsenberg bei Siedenbollentin (Mecklenburgische Seenplatte) versammelt. Sie wollen den offiziellen letzten Spatenstich zur Wiedervernässung des hiesigen Hangquellmoores feiern.

Einem der letzten seiner Art in Mecklenburg-Vorpommern erklärte Nina Seifert von der Michael Succow Stiftung. Sie hat das Projekt Wiedervernässung geleitet: „Einige Pflanzenarten wie der blaue Tarant oder die Mehlprimel kommen nur noch hier am Binsenberg vor, weil sie an solche kalkreichen Niedermoorstandorte gebunden sind.“ Die Wiedervernässung ist also eine wichtige Maßnahme für den Artenschutz.

Moorschutz ist Klimaschutz

Moore sind aber auch wichtig beim Klimaschutz, erklärt Seiferts Chef Jan Peters. Denn nasse Moore können viel CO2 speichern. In Mecklenburg-Vorpommern sind aber 90 Prozent der rund 290.000 Hektar Moorfläche entwässert, werden land- und forstwirtschaftlich und zum Teil zum Torfabbau genutzt. Wenn sich trockener Moorboden bzw. Torf zersetzt, wird allerdings das schädliche Treibhausgas freigesetzt.

„Die entwässerten Moore sind für ein Drittel der jährlichen Emissionen in Mecklenburg-Vorpommern verantwortlich und damit die größte Emissionsquelle – weit vor der Energieversorgung, vor Industrie und Verkehr“, so Peters. Um die Klimaziele des Pariser Abkommens einzuhalten, müssten pro Jahr 10.000 Hektar Moor wiedervernässt werden.

Genehmigungsverfahren müssen beschleunigt werden

Aber ist das zu schaffen? Projektleiterin Nina Seifert ist da zwiegespalten: „Auf der einen Seite bin ich optimistisch, weil das absolut auf der Hand liegt, das muss sein – da gibt es gar keine Alternative.“ Auf der anderen Seite kennt sie ja den Ablauf so eines Projekts. Vom Beginn der Planungsphase bis zur tatsächlichen Wiedervernässung des 36 Hektar großen Gebiets auf dem Binsenberg hat es zehn Jahre gedauert. „Da hängt es oft an der Zustimmung einer Gemeinde. Man muss aber oft mindestens 5 Gemeinderatssitzungen abwarten, die immer nur einmal im Monat stattfinden – das kann das ganze ziemlich verzögern.“

Die Wiedervernässung des Hangquellmoors Binsenberg bei Siedenbollentin (Mecklenburgische Seenplatte) ist abgeschlossen. © NDR Foto: Konrad Buchwald
Zahlreiche Naturfreunde, Ökologen und Vertreter der für Landwirtschaft, Umwelt und Naturschutz zuständigen Behörden waren dort.

Die lange Planungs- und Genehmigungsphase kommt auch dadurch, dass so viele Akteure beteiligt sind, erklärt Jan Peters. „Man muss bei Landwirten, Bürgern und Behörden für Akzeptanz und Bewusstsein sorgen, warum das so wichtig ist“. Und dann sind in allen Bereichen viele Mitarbeiter nötig: in den Planungsbüros, bei Projektträgern, bei Verbänden, aber eben auch in den Verwaltungen. „Das Land und die Ausbildung sind im Moment aber nicht so aufgestellt, dass wir das bewerkstelligen können. Das verzögert die Prozesse, die eh schon lange dauern“, kritisiert Jan Peters.

Kleines Gerät bewegt viel Boden

Die tatsächliche Umsetzung ist dann eigentlich gar nicht so schwer. Innerhalb von zwei Jahren wurden mehr als vier Kilometer Gräben verfüllt, Staue gesetzt und kleine Dämme gebaut. „Die Schwierigkeit bestand darin, dass man mit kleinem Gerät viel Boden bewegen musste – immer mit der Maßgabe, sich auf die Pflanzen zu konzentrieren und nur auf bestimmten Wegen zu fahren“, berichtet Michael Bahrmann.

Er schätzt, dass er mit seinem Unternehmen FGW Bau aus Friedland zwischen 4.000 und 5.000 Kubikmeter Boden bewegt hat. Jetzt wachsen wieder zahlreiche Pflanzen auf der Fläche. Dort wo Boden zum Befüllen der Gräben entnommen wurde, sind Mikrobiotope entstanden. Das klare Wasser sorgt dafür, dass auch hier seltene Pflanzen wachsen.

Nasse Moore können weiter genutzt werden

Die seltenen Pflanzen gilt es zu schützen. Deshalb werden Teile der Fläche von einer Firma gepflegt, damit sich das Schilf nicht überall ausbreitet. Andere Teile werden ganz einfach zur Heuproduktion verwendet, als Futter oder Einstreu. Paludikultur nennt sich die landwirtschaftliche Nutzung von Moorflächen. Oft werden in wiedervernässten Mooren Rohrkolben und andere Pflanzen angebaut, die dann als Bau- oder Dämmmaterial genutzt werden oder mit denen einfach als Biomasse Energie erzeugt wird.

Es gibt aber auch Tiere, wie den Wasserbüffel, die sich auf den nassen Flächen wohl fühlen. Der Binsenberg könnte in Zukunft auch als Ausflugsziel für Naturfreunde wichtig werden, die die letzten Vorkommen seltener Pflanzen erkunden möchten.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 25.05.2022 | 20:00 Uhr

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