Schwerin: Grüne bleiben unter eigener Mindestlohn-Forderung
Ein Stellenangebot bringt die Grünen in Mecklenburg-Vorpommern in Bedrängnis. Der Kreisverband Schwerin missachtet bei der Bezahlung für einen Wahlkampf-Koordinator die eigenen politischen Forderungen.
Bundesweit machen sich Bündnis90/Die Grünen für einen Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde stark. Erst im September brachte die Stralsunder Bundestagsabgeordnete Claudia Müller mit Fraktions-Kollegen einen Antrag im Bundestag ein, der genau das fordert. In ihrem Landesverband wird dieses Ziel nicht überall verfolgt. Ausgerechnet der Kreisverband in der Landeshauptstadt nimmt es offenbar nicht so genau mit dem Grünen-Mindestlohn. Der Verband sucht zum 1. Februar 2021 über die Internet-Seite des Landesverbandes einen Koordinator für den bevorstehenden Landtagswahlkampf. Gefordert sind unter anderem Organisationstalent und Social-Media-Erfahrung. Der Bewerber sollte außerdem für "Wahlkampf und Kampagnen brennen".
Angeblich Fehler bei der Ausschreibung
Viel Arbeitszeit bleibt ihm oder ihr dafür aber nicht. Die Grünen meinen, in der Woche reichten insgesamt zehn Stunden, um die Aufgabe zu erledigen. Für diesen Minijob will die Partei einen Monatslohn von 450 Euro zahlen. Das ergibt einen Stundenlohn von etwa 10,35 Euro. Diese Summe liegt weit unter der eigenen Mindestlohn-Forderung. Es sei ein Fehler passiert, sagte Kreissprecher Uwe Friedriszik auf Anfrage. Man habe die Ausschreibung des vergangenen Wahlkampfes genutzt und den Lohn nicht noch einmal durchgerechnet. Die Bundestagsabgeordnete Müller sagte, das 12-Euro-Ziel gelte, die Kreisverbände müssten es einhalten. Die Landesvorsitzenden Ole Krüger und Weike Bandlow äußerten sich ähnlich. Der Landesverband unterstütze die Forderung nach einem Mindestlohn von zwölf Euro "uneingeschränkt".
Stundenkürzung statt Lohnerhöhung
Der Kreisverband reagierte und veränderte inzwischen die Stellenausschreibung. Er setzte allerdings nicht den Lohn für den Posten nach oben, sondern verkürzte einfach die Arbeitszeit. Jetzt soll der neue Grünen-Wahlkampfkoordinator in Schwerin seinen Job in 8,5 Stunden pro Woche erledigen. Das macht bei 450 Euro ein Stundenlohn von etwas über zwölf Euro. Kreissprecher Friedriszik sagte, das werde schon gehen. "Es wird Zeiten geben, da muss man dann ein bisschen mehr arbeiten. Aber dann gibt es auch mal eine Woche frei." Für das Vorsitzenden-Duo ist die Sache aus der Welt: "Der Kreisverband hat das Versehen umgehend behoben, das begrüßen wir."
