Russlandtag: Gabriel und Sellering gegen Sanktionen
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) hat sich auf dem Russlandtag in Rostock für ein Ende der Sanktionen zwischen Deutschland und Russland ausgesprochen. "Wir warten gemeinsam ungeduldig darauf, dass die Sanktionen endlich fallen, damit wir an den früheren wirtschaftlichen Austausch wieder anknüpfen können", sagte Sellering zum Auftakt der Veranstaltung, zu der rund 600 Teilnehmer - darunter Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Russlands Industrieminister Denis Manturow - kamen. Es sei ein vordringliches politisches Ziel, dass Deutschland und die EU mit Russland zu einer guten Partnerschaft zurückkehren. Das erfordere vertrauensvolle Gespräche auf Augenhöhe, so Sellering weiter.
Sellering: Zu einer Normalisierung kommen
Die Veranstaltung solle Wirtschaftsvertretern beider Länder die Möglichkeit geben, bestehende Kontakte zu vertiefen und neue Beziehungen aufzubauen, sagte Sellering. Der Russlandtag sei als ein regionales Treffen mit Vertretern der russischen Partnerregion, des Leningrader Gebietes, angelegt. Die Anwesenheit von Gabriel und Manturow sei ein deutliches Zeichen dafür, dass die Regierungen in Berlin und Moskau daran interessiert sind, in diesem Bereich zu einer Normalisierung zu kommen, sagte Sellering am Mittwoch im Morgenmagazin von ARD und ZDF. Entsprechende Gespräche müssten auf nationaler Ebene geführt werden.
Bundeswirtschaftsminister Gabriel einig mit Sellering
Sellering steht mit seiner Forderung nach einem Ende der Sanktionen nicht allein: Auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sprach sich auf dem Treffen für einen schrittweisen Abbau der EU-Sanktionen gegen Russland aus. Isolation bringe auf Dauer gar nichts, so Gabriel. Er betonte aber auch, dass eine Normalisierung der Beziehungen erst dann eintreten könne, wenn die im Minsker Friedebsabkommen verabredeten Bedingungen auch von Russland eingehalten werden. Mit dem Fortschritt bei der Umsetzung des Friedensabkommens müsse auch ein Abbau der Sanktionen Schritt für Schritt einhergehen. Gabriel lobte die Initiative der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern, die nun zum zweiten Mal einen Russlandtag veranstaltet hat und damit den Dialog aufrecht erhalte.
Wirtschaft kündigt engere Zusammenarbeit mit Russland an
Auch die Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns ist an einer Aufhebebung der Handelsbeschränkungen interessiert. "Die aktuell schwierige Situation gegenseitiger Sanktionen kann nicht der Dauerzustand in den deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen sein", erklärte der Präsident der Landes-Vereinigung der Unternehmensverbände (VUMV), Thomas Lambusch. Die Unternehmen erhofften sich ein Signal für Bund und EU, die gegenwärtige Haltung zu Russland zu überdenken und das Land wieder mehr einzubinden. Lambusch kündigte zudem für Juli die Reise einer Unternehmerdelegation aus Mecklenburg-Vorpommern nach Moskau an.
Russland wirbt um Investoren
Russlands Industrieminister Manturow warb ungeachtet der fortbestehenden Sanktionen um Investitionen in die russische Industrie. "Unser Staat fördert Investoren, ungeachtet der Länder, aus denen sie kommen", sagte Manturow. Dabei gehe es vor allem um den Einsatz moderner Technologien. Deutschland sei weiter der wichtigste europäische Partner für sein Land, so der Minister weiter. Für sein Land sei Deutschland dabei wichtigster Partner. Unternehmen wie der Elektronikkonzern Siemens und der Landmaschinenhersteller Claas seien dabei mit ihren Großprojekten in Russland Vorreiter.
MV und Russland wollen stärker kooperieren
Auf dem Treffen in Rostock wurde eine gemeinsame Absichtserklärung des russischen Industrie- und Handelsministeriums und der Landesregierung unterzeichnet, wonach Mecklenburg-Vorpommern und Russland ihre Zusammenarbeit im industriellen Bereich ausbauen wollen. Als ein gelungenes Beispiel der Zusammenarbeit bezeichneten Sellering und Manturow die neue Produktionsstätte der Deutschen Großwälzlager GmbH im Rostocker Fischereihafen, die am Mittwoch offiziell eröffnet wurde. Das Tochterunternehmen der Kirov-Werke in Sankt Petersburg fügt große Metallkränze mit bis zu 6,50 Metern Durchmesser zu Lagern zusammen, die in Windrädern, Krantürmen oder Tunnelbohrern eingesetzt werden. Mehrheitsgesellschafter des Unternehmens ist der russische Investor Georgi Semenenko, der auch Vorstandsvorsitzender der Kirov-Werke in Sankt Petersburg ist.
Großwälzlager-Werk plant Entwicklung
Rund 15 Millionen Euro hat die Kirov-Gruppe in das neue Werk investiert, rund 830.000 Euro davon sind Fördermittel des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Benachbarte Flächen in Rostock-Marienehe hat sich das Unternehmen bereits gesichert. Es hofft auf viele Aufträge für das neue Werk, vor allem weil dort Einzelstücke in kurzer Zeit produziert werden können. Momentan arbeiten 30 Menschen dort, später sind 60 Arbeitsplätze geplant, darunter viele für Ingenieure. Am Standort Rostock soll die verwendete Werktechnik weiter entwickelt und optimiert werden. Dazu sind auch Kooperationen mit der Universität Rostock in Planung, kündigte Werks-Geschäftsführer Lars-Ulrich Krahl in einer Rede an.
Sanktionen trafen Exportgüterwirtschaft
Die deutschen Exporte nach Russland sind seit 2013 um 40 Prozent eingebrochen und auch die Importe schrumpften. Als Hauptgründe gelten die EU-Sanktionen nach der Krim-Krise und die russischen Reaktionen. Im Jahr 2014 hatte die EU als Reaktion auf Krim- und Ukraine-Krise Handelssanktionen gegen Russland verhängt, das wiederum Gegenmaßnahmen verhängte, die vor allem die deutsche Ernährungsgüterwirtschaft trafen. Diese hätte seit 2014 zum Teil drastische Einbrüche im Russlandgeschäft hinnehmen müssen, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminsiter Harry Glawe (CDU). Dennoch ist Russland viertwichtigster Außenhandelspartner Mecklenburg-Vorpommerns. Allein im vergangenen Jahr haben die hiesigen Unternehmen Waren im Wert von 311 Millionen Euro nach Russland exportiert. Das ist trotz der Sanktionen ein Plus von 30 Prozent.
Proteste vor erstem Russlandtag
Bei dem ersten sogenannten Russlandtag im Jahr 2014 hatte es lautstarke Proteste von Kritikern und Nachbarländern wie Polen gegeben. Die Veranstaltung hatte kontroverse Diskussionen ausgelöst. Sie fand unmittelbar nach Inkrafttreten der EU-Sanktionen und russischer Gegenmaßnahmen statt. Dieses Mal war es im Vorfeld deutlich ruhiger. Ministerpräsident Sellering sieht sich in seinem Kurs bestätigt, an dem Treffen festzuhalten.