"Polarstern"-Forscher: Starke Turbulenz unter dem Packeis

Vier Monate lang war der Rostocker Ozeanograph Volker Mohrholz auf dem Forschungsschiff "Polarstern" in der Arktis unterwegs. Er wollte mehr über die Auswirkungen des Klimawandels erfahren. Es war die Expedition seines Lebens und er hofft weiterhin, dass seine Forschungsergebnisse Politiker anregen, den Kampf gegen den Klimawandel intensiver anzugehen. Im Oktober 2019 machte die "Polarstern" an einer kilometerlangen Eisscholle im Amundsen-Becken fest, ließ sich einfrieren und driftete mit der Strömung von der Sibirischen See in Richtung Grönland. 500 Wissenschaftler aus 17 Nationen erfassten seitdem alle erdenklichen Daten über das Eis, das Wetter und den Ozean. Volker Mohrholz vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Rostock-Warnemünde erforschte die von der Eisdrift verursachte Turbulenz im Wasser unter dem Eis. 500 Meter von der "Polarstern" entfernt arbeiteten die Forscher in einem kleinen Zelt. Durch ein Eisloch ließen sie immer wieder ihre Sonde ins Wasser herab.
Überraschende Ergebnisse
"Ihre Welt verkleinert sich quasi auf den Kreis der Kopflampe beziehungsweise den Lichtkegel des Schiffes", berichtet Mohrholz. "Dass Sie so einer Extremsituation von mehreren Monaten Dunkelheit ausgesetzt waren, kriegen Sie eigentlich erst wirklich mit, wenn es wieder hell wird". Überrascht hat die Forscher, dass es relativ wenig Turbulenz in den größeren Tiefen gab. In den ersten 50 Metern unter dem Eis war jedoch wegen der starken Eisdrift mehr Turbulenz zu messen als die Forscher erwartet hatten. Dadurch wird mehr Wärme aus größeren Tiefen nach oben transportiert, so Mohrholz. Das wiederum wirke sich auf die Dicke des Eises und damit letztlich auch auf das Klima aus, so Mohrholz.
Vier Monate im Eis erzieht zur Demut
Mohrholz glaubt nicht mehr daran, dass die offiziell propagierten Klimaziele noch erreicht werden, wenn sich in der Klimapolitik nichts ändert. "Wir müssten viel, viel mehr tun", sagt der Ozeanograph, und "wir könnten es tun" - wenn die Politiker die Forschungsergebnisse von Mohrholz und vieler seiner Kollegen zur Kenntnis nehmen würden. Vier Monate in der arktischen Dunkelheit haben bei Volker Mohrholz Spuren hinterlassen. "Was man auf jeden Fall dort merkt ist, dass man selber als Mensch relativ ein kleines Objekt im ganzen Universum ist", berichtet der Ozeanograph, "und es erzieht einen zu einer gewissen Demut, wenn man in so einer Umgebung für längere Zeit arbeiten muss".
