Rechtsextremisten und Reichsbürger nutzen Corona-Demos
Innenminister Christian Pegel (SPD) hat den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2020 vorgestellt. Der Bericht beleuchtet neben der rechts- und linksextremistischen Szene sowie dem Islamismus im Nordosten erstmals den Einfluss der Corona-Pandemie auf die Aktivitäten antidemokratischer Gruppierungen, die im Visier des Verfassungsschutzes stehen.
Dabei gehe es laut Pegel nicht um die Menschen aus der bürgerlichen Klientel, die friedlich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung gebrauchen und "die ihren Sorgen und Nöten auch mit Kritik an der Regierung friedlich Ausdruck verleiht." Es gehe darum, Gewaltaufrufen und Angriffen gegen die Demokratie entgegenzuwirken.
"Ton aggressiver und menschenverachtender"
Die Verfassungsschützer konstatieren für 2020 einen weiteren Anstieg der Anhänger rechtsextremistischer Ideologien. "Auch die Rechtsextremisten versuchen, sich die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen zunutze zu machen", so Pegel. "Sie nahmen - und nehmen - an den Demonstrationen teil - und nutzen dann soziale Netzwerke und Messengerdienste, um darüber zu berichten und den Untergang des ihnen verhassten Systems zu beschwören. Sie verbreiten dort demokratiefeindliche Inhalte und mobilisieren für die eigenen Bestrebungen." Der Ton werde dabei zunehmend aggressiver und menschenverachtender.
Von den insgesamt knapp 1.800 Rechtsextremisten bei uns im Land stufen unsere Verfassungsschützer etwa 700 als gewaltorientiert ein", sagte der Innenminister.
Wutbürger treffen auf Reichsbürger
Nach Ansicht des Rostocker Politikwissenschaftlers, Professor Muno, sind die Demonstrationen zwar häufig von Rechten organisiert, die Teilnehmer aber überwiegend aus der bürgerlichen Mitte, das Bildungsniveau der Demonstranten meist hoch. Was die beiden Gruppierungen eine, sei eine Ablehnung des Staates. Aber man müsse die Anzahl der Menschen auch einordnen: "Zu Hansa gehen mehr Leute als zu den Demos im ganzen Land.
Messenger als Plattform für sehr viele unterschiedliche Menschen für unterschiedliche Zwecke
Professor Dr. Jakob Jünger von der Uni Münster ist dagegen, den Messenger-Dienst Telegram, über den sich auch radikale Gruppen verabreden und anstacheln, zu verbieten. Vielmehr sei die Kommunikation in den Chatgruppen ein Abbild der Gesellschaft. Hassnachrichten seien extreme Einzelfälle. Die Gesellschaft müsse auf problematische Haltungen und Äußerungen reagieren.
Zahl der Linksextremistischen Straftaten und Personenzahl geht zurück
Im Gegensatz zum Rechtsextremismus gingen Straftaten und Personenzahl im Linksextremismus 2020 zurück - letztere von 500 auf 480, von denen die Hälfte als gewaltbereit eingestuft wird. "Dafür dürften insbesondere die durch die Pandemie eingeschränkten Aktionsmöglichkeiten und der Ausfall von Großveranstaltungen ein wichtiger Grund sein", sagte Pegel.
Islamismus nach Rechtsterrorismus
Größte Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik ist nach dem Rechtsterrorismus der Islamismus. "Bei uns in Mecklenburg-Vorpommern gibt es nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes nur wenige bedeutsame organisierte islamistische Strukturen und so wie im Vorjahr etwa 190 Islamisten, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden", sagte Pegel.
