Psychiatrie-Begehung vor Ausschuss: "Stochern im Nebel"
Der Gesundheitsausschuss der Hansestadt Rostock hat sich außerplanmäßig getroffen, um mehr über die Vorgänge Mitte November und die Kontrolle in der Psychiatrischen Klinik zu erfahren. Doch am Ende war die Enttäuschung groß.
"Stochern im Nebel" - so beschreibt ein Ausschussmitglied nach gut anderthalb Stunden das Ergebnis der außerplanmäßigen Sitzung des Gesundheitsausschusses der Hansestadt Rostock am Donnerstagabend. Hintergrund: Mitte November besuchte eine Abordnung der Hansestadt mit Unterstützung der Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern unangekündigt zwei geschlossene Stationen der psychiatrischen Klinik der Universitätsmedizin im Stadtteil Gehlsdorf. Anlass waren laut Stadt gehäufte Beschwerden, die sie über die Ärztekammer des Landes erreicht hatten.
OB Madsen delegiert an Amtsleiter
Vor dem Ausschuss aus Bürgerschaftsmitgliedern aller Fraktionen und Rostocks Gesundheitssenator Steffen Bockhahn (Die Linke) sollte eigentlich Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen (parteilos) für Aufklärung sorgen. Doch Madsen delegierte an Dirk Zierau, den kommissarischen Leiter des Rechts- und Vergabeamts. Zierau war im Vorfeld der Psychiatriebegehung für die rechtliche Einschätzung des Besuchs zuständig und auch selbst bei der Begehung dabei.
Klinikdirektor kritisiert Kontrollbesuch
Zu Beginn der Sitzung macht Klinikdirektor Johannes Thome am Rednerpult keinen Hehl aus seinem Unmut über die Aktion auf den beiden geschützten Stationen der Klinik und wie sie verlaufen ist: Es gehe um psychiatrische Intensiv-Stationen, da könne man nicht einfach so hineingehen. Patienten und Mitarbeiter seien gestört worden, der Besuchsgruppe aus Vertretern von Stadt und Ärztekammer habe es an psychiatrischem Fachverstand gefehlt, Datenschutz sei nicht beachtet worden, zum Beispiel seien mit privaten Handys Fotos gemacht worden und vieles mehr.
Amtsleiter will Vorwürfe entkräften
Für die Sicht der Stadt auf den Besuch antwortet Amtsleiter Zierau. Er will mit seinen Eindrücken des Tages die Vorwürfe entkräften, was im Saal teilweise für zustimmendes Kopfnicken sorgt, teilweise aber auch für verständnisloses Kopfschütteln: So seien Fotos von Unterlagen sehr wohl mit Diensthandys gemacht worden, so Zierau, nur er selbst habe kurz mit seinem Privathandy ein Bild von der Aussicht auf die Petrikirche geknipst.
Beschwerden werden nicht erläutert
Etliche Fragen stellen die Ausschussmitglieder an Zierau. Doch bei den wenigen Dingen, die konkret zur Sprache kommen, bleibt vieles Auslegungssache, steht Aussage gegen Aussage. War die Atmosphäre beim Besuch aggressiv oder eher angenehm? War es eine Kontrolle oder eine Begehung? Welche Rolle spielten die Ärztekammer und ihr Präsident Andreas Crusius zu welchem Zeitpunkt? Hätte der Gesundheitssenator vorab informiert werden müssen? Wer kann fachmedizinische Kenntnisse in Sachen Psychiatrie für sich reklamieren und wer nicht? Die Diskussion dreht sich schnell im Kreis, denn Zierau macht klar: Aus dem Aktenordner vor sich wird er an diesem Abend nichts zu den eigentlichen Beschwerden zitieren, die die Ärztekammer aufgearbeitet hat. Diese seien zwar der Grund für die Klinik-Begehung, die der Oberbürgermeister in Auftrag gegeben habe, so Zierau, aber mehr könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht dazu gesagt werden. Es handele sich um ein laufendes Verwaltungsverfahren. Nur soviel: Die Beschwerden seien zwar nicht tagesaktuell, aber auch nicht alt und es seien mehr als nur eine oder zwei.
Enttäuschung bei allen Teilnehmern
Nach knapp zwei Stunden endet die Sitzung, die Anwesenden sind unisono enttäuscht, dass so wenig herausgekommen ist. Für den Ausschussvorsitzenden Ralf Mucha (SPD) bleiben leider nur "graue Wolken über der Universität Rostock" hängen, was er bedauere. Auch er hätte sich mehr Aufklärung gewünscht, nun müsse man weiter abwarten. Klinikdirektor Thome verlangt möglichst schnelle Aufklärung und wehrt sich gegen das "Gespenst an der Wand", das die Intensiv-Psychiatrie in Rostock jetzt Verdächtigungen aussetze.
Vorwürfe auch dem Gesundheitssenator nicht bekannt
Gesundheitssenator Bockhahn betont nach der Sitzung, für ihn sei klar, dass das Vertrauen zwischen der Universitätsmedizin und der Hanse- und Universitätsstadt Rostock Kratzer bekommen habe, das müsse nachgearbeitet werden. Bisher wisse auch er nicht, um welche Vorwürfe es eigentlich gehe. Aber Oberbürgermeister Madsen habe ihm mitgeteilt, die entsprechende Fachaufsicht zukünftig unmissverständlich ihm zu übertragen. Dann will Bockhahn gemeinsam mit dem zuständigen Bereich des Gesundheitsamtes für Klärung sorgen.
Zuständige Kommission bisher nicht unangemeldet erschienen
Eines der wenigen Dinge, bei denen alle Beteiligten an diesem Abend einig sind: Die offizielle Besuchskommission der Stadt, die regelmäßig und angemeldet die Klinik kontrolliere, habe eine wichtige Funktion. Deren Zusammensetzung und Aufgaben sind exakt im Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG MV) festgehalten. Diese Besuchskommission hat übrigens auch das Recht, unangemeldet in der Klinik zu erscheinen, das sei in Rostock allerdings noch nicht geschehen.
