Mit Hund ins Amt: Rostock wird "assistenzhundfreundlich"
"Wir müssen leider draußen bleiben" - Schilder wie diese gelten nicht für Hunde im Dienst, zum Beispiel Blindenhunde. Dafür will Rostock jetzt sensibilisieren und als erste Stadt in Mecklenburg-Vorpommern "assistenzhundfreundlich" werden.
Die Rostockerin Christiane Kaplan ist seit ihrer Geburt blind. Natürlich weiß sie, wie man mit einem weißen Stock einigermaßen voran kommt. Aber sie winkt ab: "Ich komme mir damit immer vor wie ein betrunkener Pinguin. Ich kann keine geraden Linien gehen, das ist schwer, wenn man die Augen zu macht. Ich muss mich auf jedes Detail konzentrieren." Wesentlich besser geht es ihr, wenn sie ihren Führhund an der Seite hat. Der kleine schwarze Labrador Miko und seine Halterin sind ein eingespieltes Team: Sie weiß, wo es hin gehen soll. Er kann sehen, führt sie an jedem Hindernis vorbei.
"Da gehört mehr dazu, als es zu wollen"
Die 47-Jährige findet es gut, dass Rostock sich vorgenommen hat, "assistenzhundefreundliche Stadt" zu werden. Ein Titel, den das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die "Aktion Mensch" deutschlandweit schon an 60 Kommunen vergeben haben. Damit allein ist es in ihren Augen aber nicht getan. "Da gehört mehr dazu, als es zu wollen. Ich glaube, da muss eine Kampagne her, gerade für Einzelhändler und Gastronomie, dass die wissen, was das eigentlich bedeutet." Schon heute dürfen Assistenzhunde ihre Nase eigentlich fast überall reinstecken. Überall da, wo Menschen in Straßenkleidung eingelassen werden, müssen auch sie theoretisch Zutritt bekommen. Die Realität aber sieht anders aus.
Keine Hunde im Wartezimmer
Vor kurzem erst hat ein Arzt ihren Miko aus seinem Wartezimmer verwiesen. Seine Worte: "Ich weiß, dass das ein Blindenhund ist, aber der muss hier raus." Christiane Kaplan ist fassungslos. "Ich kann ihn nicht einfach draußen vor der Tür warten lassen." So ein Blindenführhund hat eine lange Ausbildung hinter sich, kostet um die 40.000 Euro und ist Eigentum der Krankenkasse. Schon allein deshalb muss sie immer gut auf ihn aufpassen. Dazu kommt, dass er für sie ein unverzichtbares Hilfsmittel ist. "Das ist genauso als wenn ich Ihnen sage: Haben Sie orthopädische Schuhe an? Die brauchen wir hier nicht, ziehen Sie die mal aus. Sie kriegen hier Gummibotten, das reicht."
Hunde helfen auch psychisch Kranken
Petra Kröger, Rostocks Behindertenbeauftragte, hat sich zum Ziel gesetzt, die Menschen für all das zu sensibilisieren - in den Amtsstuben der Stadt, aber auch in Restaurants und Geschäften. Und sie will auch darüber aufklären, dass Assistenzhunde bei weitem nicht nur für Blinde da sind. Es gibt auch Vierbeiner, die gehörlose Menschen vor Gefahren warnen, für Rollstuhlfahrer Türen öffnen oder sie beim Anziehen unterstützen. Auch bei psychischen Erkrankungen können Miko und seine Kollegen einiges tun. Sie beruhigen, bringen Betroffene aus Stresssituationen heraus und holen im Notfall Hilfe.