Stand: 18.10.2017 12:06 Uhr

Löcher, Lärm, Blasen: Die "Pannenautobahn" A20

Es ist eine unwirkliche Szenerie: Dort, wo sonst täglich Tausende Autos auf der Autobahn 20 vorbeibrausen, hat sich ein riesiges Loch aufgetan. Es ist etwa 10 Meter breit, 40 Meter lang und durchschnittlich 2,50 Meter tief - und es wird von Tag zu Tag größer. Von den insgesamt vier Fahrbahnen der Ostseeautobahn in beide Richtungen sind drei gesperrt. "Ich bin erstaunt, welche Kräfte hier wirken", sagt Mecklenburg-Vorpommerns Infrastrukturminister Christian Pegel (SPD) etwas ratlos. Der immer weiter absackende Autobahnabschnitt an der Trebeltalbrücke bei Tribsees beschert dem Minister reichlich Arbeit - und Ärger.

Hohe Kosten, genervte Bürger

Die Tourismusbranche fordert zügige Maßnahmen, damit die Feriengäste über die "Lebensader" in die Urlaubsgebiete reisen können, Spediteure befürchten erhebliche Mehrkosten für die gesamte Wirtschaft im Land und genervte Anwohner an den Umleitungsstrecken beschweren sich über extreme Belastungen. Die vollständige Sanierung wird wohl Jahre dauern. Bis dahin sollen Umleitungen, eine provisorische Anschlusstelle sowie eine Behelfsbrücke den Verkehrsfluss gewährleisten. Wann der Verkehr wieder normal laufen wird, weiß niemand. Bisher ist noch nicht einmal die Ursache für das Absacken auf dem sumpfigen Untergrund bekannt, eine "Torflinse" könnte der Auslöser sein. Klar ist nur, es wird teuer.

2005: "Brüllbeton" nervt Anwohner

Das Absacken des Autobahn-Abschnitts bei Tribsees ist das vorläufig letzte Kapitel in der Mängelgeschichte der A20, die Kritiker schon seit Längerem als "Pannenautobahn" verspotten. Denn seit ihrer Eröffnung vor rund 20 Jahren sorgte das Bauwerk schon mehrfach für Negativ-Schlagzeilen. Schon 2005 - wenige Jahre nach Inbetriebnahme - entpuppte sich die Fahrbahn bei Schönberg (Landkreis Nordwestmecklenburg) auf 14 Kilometern Länge als Krachmacher. Über 3.000 betroffene Anwohner stellten 2005 Strafanzeige wegen Körperverletzung, weil der Verkehr auf der Autobahn viel zu laut war. Für etwa drei Millionen Euro wurde eine neue Fahrbahndecke aufgezogen.

2007: Die A20 leidet unter "Sonnenallergie"

Dabei kam es allerdings zu Problemen: Während die Baufirma den "Brüllbeton" austauschte, regnete es. Ein wasserlösliches Klebemittel verteilte sich auf der Fahrbahn. Über 400 Autos wurden beschädigt. Die folgenden Ausbesserungen schufen jedoch ein neues Problem: Bei Hitze wölbten sich Blasen auf der Fahrbahndecke. Die Autobahn zwischen Wakenitz und der Anschlussstelle Schönberg verwandelte sich in eine Rubbelpiste. Ein Tempolimit wurde angeordnet. Zudem gab es nach heftigen Regenfällen einen Böschungsabrutsch und an der Peenetalbrücke hakte es bei den Fahrbahnübergängen.

2009: Die Fahrbahn sackt ab

Im Oktober 2009 sackte die Fahrbahn zwischen Lübeck und Wismar um 30 Zentimeter ab. Das Verkehrsministerium machte bauliche Mängel dafür verantwortlich. Der Untergrund sei nicht ausreichend verdichtet worden. Den Fehler habe die Planungsfirma gemacht, diese sah das wiederum anders. Die Schuldfrage mussten die Richter klären.

2012: Risse in der Fahrbahn

Im September 2012 wird die Autobahn streckenweise wieder zur Baustelle. Weil die Fahrbahn zwischen Grevesmühlen und Schönberg aufgerissen ist, wird das sieben Kilometer lange Teilstück für rund 1,9 Millionen Euro saniert. Der Abschnitt war erst im Jahr 2000 in Betrieb genommen worden.

Weitere Informationen
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Brüllautobahn

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | 17.10.2017 | 16:00 Uhr

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Straßenbau

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