Bild einer Hochmoorwühlwolf-Spinne. © NDR
Bild einer Hochmoorwühlwolf-Spinne. © NDR
Bild einer Hochmoorwühlwolf-Spinne. © NDR
AUDIO: Eiszeitrelikt lebt im Moor bei Glasewitz (3 Min)

Hochmoorwühlwolf: Eiszeitrelikt lebt im Moor bei Glasewitz

Stand: 06.06.2023 05:21 Uhr

Erstmals überhaupt wurde in Mecklenburg-Vorpommern der Hochmoorwühlwolf nachgewiesen. Die Spinne benötigt offensichtlich völlig ungestörte Moore. Diese Bedingungen bietet das Naturschutzgebiet Schlichtes Moor bei Glasewitz (Landkreis Rostock).

von Franziska Drewes

Das 56 Hektar große Kesselmoor ist umgeben von hohen Buchenhängen. Unten im Moor befinden sich, kaum sichtbar, kleine Becher, die von Moos umgeben sind. Es sind Spinnenfallen. Wolf-Peter Polzin schaut in eine Becherfalle. "Hier ist leider auf den ersten Blick der Hochmoorwühlwolf nicht drin." Seit diesem Jahr befinden sich die Fallen in diesem Moor. Fünf Exemplare dieser seltenen Spinne wurden so bereits gefunden, erzählt der Diplom-Biologe.

Weitere Informationen
Die im Süden Deutschlands weit verbreitete farbenfrohe Blumenkrabbenspinne (Thomisus onustus) wird nach Norden hin immer seltener. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es nur sehr wenige Fundpunkte. © Landesregierung MV Foto: Landesregierung MV

620 Spinnenarten in MV - viele auf der Roten Liste

Goldaugenspringspinne, Steppen-Sichelspringer, Blumenkrabbenspinne und Co.: Viele in Mecklenburg-Vorpommern einheimische Spinnenarten werden als gefährdet eingestuft. mehr

Spezialisten sind hocherfreut

Spinnenforscher waren sehr überrascht, als sie vor wenigen Wochen diese besondere für Menschen nicht giftige Spinnenart in einer dieser Fallen entdeckt haben. Der Biologe Dieter Martin hat sie unter der Lupe analysiert. Seit über 50 Jahren trägt er systematisch Daten zu Spinnen zusammen und wertet diese aus.

Bild einer Hochmoorwühlwolf-Spinne. © NDR
Hochmoorwühlwolf
Kleine Spinne kommt groß raus

Der Hochmoorwühlwolf ist etwa 7,8 Millimeter groß, hellbraun und er hat einen markanten weißen Fleck auf dem Hinterleib. Er ist eine Unterart des Alpenwühlwolfs und ein Eiszeitrelikt, betont Polzin: "Seit dieses Moor existiert, und das ist seit dem Rückzug des Eises vor ungefähr 8.000 bis 9.000 Jahren, existiert er hier auch, unbemerkt vom Menschen und hat bis heute überlebt."

Art noch kaum erforscht

Über den dämmerungs- und nachtaktiven Hochmoorwühlwolf ist sehr wenig bekannt, weil er sehr selten gefunden wird. Das Wissen über Spinnen ist generell noch spärlich, es gibt nur wenige Experten. "Aus Laborversuchen in Tschechien weiß man, dass die weiblichen Hochmoorwühlwölfe ihre Jungspinnen bis zu 14 Tagen auf dem Hinterleib tragen", so Polzin. Das sei schon sehr außergewöhnlich. "Das machen zwar alle Wolfspinnen, aber nicht so lange wie diese Art." Normalerweise liege die Tragezeit bei drei bis sieben Tagen. Unklar ist, ob dies nur an der Laborsituation liegt.

Fotografien sollen Naturbewusstsein schärfen

Polzin befasst sich seit etwa 30 Jahren mit Spinnen, er fotografiert sie auch gern in der Natur, bevor er sie wieder freilässt und unterstützt so die Wissenschaft. "Ich veröffentliche die Fotos für alle frei zugänglich unter anderem auf 'iNaturalist'. Es sollen letzten Endes alle etwas davon haben. Denn nur so können wir unsere Umwelt effektiv schützen."

Spinnen im Verbreitungsatlas verewigt

Der Spinnenatlas für Mecklenburg-Vorpommern gibt dieser Tiergruppe erstmals eine umfassende Wertschätzung. Er wurde erstmals 2020 veröffentlicht. Autor ist Dr. Dieter Martin und Herausgeber das Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie. Wolf-Peter Polzin würde sich sehr freuen, wenn dieser Atlas möglichst schnell überarbeitet wird, damit auch der Hochmoorwühlwolf darin seinen Platz findet.

Weitere Informationen
Listspinne (Pisaura mirabilis)  Foto: Guido Steinhäuser

Spinnenatlas vorgestellt: 615 Spinnenarten leben in MV

Der 75 Jahre alte Biologe und Autor Dieter Martin sammelte für den Spinnenatlas seit 1964 Daten, dabei hatte er als Kind eine Spinnenphobie. mehr

Tote Sanddornfinger-Spinne in einem Reagenzglas © NDR Foto: Stefan Thoms

Einzigartig in MV: Sanddornfinger-Spinne wiederentdeckt

Nach 23 Jahren ist ein Experte auf die seltene Spinnenart gestoßen. Nachgewiesen wurde sie bisher nur hier im Land. mehr

Der Schwalbenschwanz gehört zur Familie der Ritterfalter und ist einer der eindrucksvollsten Falter. © U. Steinhäuser Foto: U. Steinhäuser

Wo ist der Schwalbenschwanz? LUNG bittet um Hilfe

Der Schwalbenschwanz gehört zur gefährdeten Art und steht deshalb unter genauer Beobachtung. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 05.06.2023 | 14:49 Uhr

Mehr Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern

Das LNG-Terminal Mukran von See aus. © Imago Foto: Jens Köhler

Bundesgericht verhandelt Klagen zur Anbindung für Rügener LNG-Terminal

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt heute über eine Klage zweier Umweltverbände gegen den Bau der Gaspipeline. mehr

Die neue NDR MV App

Ein Smartphone zeigt die Startseite der neuen NDR MV App © NDR Foto: IMAGO. / Bihlmayerfotografie

Mecklenburg-Vorpommern immer dabei - die neue NDR MV App

Artikel, Podcasts, Livestreams: Die NDR MV App ist ganz neu: übersichtlich, kompakt, benutzerfreundlich, aktuell. mehr