Ein Labor-Mediziner hält ein Reagenzglas in die Höhe. Im Vordergrund des Bildes sind grafische Elemente wie DNA und eine Lupe zu sehen. © Panther Media Foto: mikkolem
Ein Labor-Mediziner hält ein Reagenzglas in die Höhe. Im Vordergrund des Bildes sind grafische Elemente wie DNA und eine Lupe zu sehen. © Panther Media Foto: mikkolem
Ein Labor-Mediziner hält ein Reagenzglas in die Höhe. Im Vordergrund des Bildes sind grafische Elemente wie DNA und eine Lupe zu sehen. © Panther Media Foto: mikkolem
AUDIO: #127 Medizin für die Community von Forschern aus Greifswald (29 Min)

Greifswalder Forscher wollen Gesundheitssystem verbessern

Stand: 07.06.2023 12:02 Uhr

Seit mehr als 20 Jahren untersucht das Greifswalder Institut für Community Medicine die Bevölkerung in Vorpommern, aber auch in ganz Deutschland. Die Forscher und Ärzte wollen herausfinden, wie gesund die Menschen sind und wie die Versorgung besser organisiert werden kann.

von Konrad Buchwald, NDR Vorpommernstudio Greifswald

"Wir haben schon früh gesagt, dass man die Schulen nicht hätte schließen sollen. Schon gar nicht die Kindergärten. Die hätte man die ganze Zeit auflassen können- aber mit Masken", erinnert sich Professor Wolfgang Hoffmann an die Corona-Zeit. Der 60-Jährige leitet das Institut für Community Medicine in Greifswald und hat in dieser Funktion einen kurzen Draht zur Politik. Gerade bei aktuellen medizinischen Themen. "Früher wurden wir noch als Erbsenzähler und Exoten belächelt. Aber die Medizin guckt immer mehr auf die Bevölkerung. Heute ist unser Fach absolut im Mainstream angekommen."

In der Community, für die Community in Vorpommern

Den Begriff Community Medicine - übersetzt Bevölkerungs- oder Gemeindemedizin - hat der Wissenschaftsrat erfunden. Dieser gilt als das wichtigste wissenschaftspolitische Beratungsgremium in Deutschland. "Nach der Wende hat der entschieden, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern zwei medizinische Fakultäten behalten dürfen - in Rostock und Greifswald. Aber wir brauchten einen ganz spezifischen Schwerpunkt", erklärt Hoffmann. Schon damals war zu sehen, dass die Menschen in Vorpommern dicker waren als im Rest Deutschlands. Zudem hatten sie eine kürzere Lebenserwartung. Aber es war noch nicht klar, warum das so ist. Deshalb wurde die SHIP-Studie ins Leben gerufen (Study of health in Pomerania), um die Menschen umfangreich zu untersuchen und Risikofaktoren für verschiedene Krankheiten zu ermitteln.

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Greifswalder Daten helfen beim Nichtraucherschutzgesetz

"Wir konnten dann zum Beispiel zeigen, dass wir im Nordosten viele junge Raucherinnen und Raucher haben", sagt Professor Henry Völzke, der Leiter der SHIP-Studie. Weil fast überall geraucht werden durfte, war das Risiko hoch, an Lungenkrebs zu erkranken. Die Daten aus SHIP und anderen Studien haben dann dazu beigetragen, dass die Nichtraucherschutzgesetze erlassen wurden - mit der Begründung des Arbeitsschutzes. Heutzutage gibt es viel weniger Raucher.

Es gibt aber noch viele andere Erkenntnisse, denn die SHIP-Probandinnen und -Probanden werden rund 30 Untersuchungen von Kopf bis Fuß unterzogen - beispielsweise am Herzen, an der Schilddrüse, den Händen, Augen, Zähnen, inklusive eines Ganzkörper-MRT. Dazu kommen zahlreiche Befragungen zur Lebenssituation, zu Sport und Ernährung.

Ärztemangel verschärft Situation

"Wir hier in Vorpommern sind leider seit vielen Jahren die dicksten, die ältesten und auch die kränksten in Deutschland", so Völzke. Deshalb werden Krankheiten wie Demenz, Diabetes, Herz-Kreislaufstörungen immer wichtiger. Aufgrund des demografischen Wandels hat Vorpommern - wie auch viele andere Regionen - mit einem Fachkräfte- und Hausärztemangel zu kämpfen.

Praxismitarbeiter entlasten Ärzte

"Was mache ich denn, wenn ich drei Hausärzte habe, aber einer hört auf und die anderen zwei müssen jetzt die Patienten von drei Praxen versorgen", fragt Hoffmann. Seine Antwort: "Wir haben das System der Delegationskräfte entwickelt. Das erste Projekt hieß 'Schwester Agnes'". Was früher verboten war, ist seit 2009 Teil der Regelversorgung: Praxismitarbeiter und Pflegefachkräfte übernehmen Hausbesuche, nehmen Blut ab, messen den Blutdruck, geben Spritzen, sammeln Daten. Die Hausärzte haben so mehr Zeit für Patienten in der Sprechstunde.

Neue Folge im Podcast "Dorf Stadt Kreis"

Welche Probleme und entsprechende Lösungen in der Gesundheitsversorgung das Institut für Community Medicine in Greifswald noch gefunden hat, warum SHIP-Daten auch in Brasilien erhoben werden und warum Prävention so wichtig ist, das erfahren Sie in der neuen Folge unseres Podcasts "Dorf Stadt Kreis: Medizin mit der Community. Wie Greifswalder Forscher das Gesundheitssystem verbessern". Zu hören auch in der ARD Audiothek und in der kostenlosen NDR MV App.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 07.06.2023 | 16:00 Uhr

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