Galeria Karstadt Kaufhof schließt 52 Filialen - auch die in Rostock

Stand: 14.03.2023 16:09 Uhr

Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof will nach Konzernangaben 52 der noch verbliebenen 129 Warenhäuser schließen - auch ein Haus in Mecklenburg-Vorpommern ist betroffen.

Auch das Haus in Rostock steht auf der Liste der Standorte, die geschlossen werden sollen. Am Montagnachmittag wurden die rund 150 Angestellten bei einer Betriebsversammlung über die Schließung informiert wurden. Ebenfalls auf der Streichliste steht die Filiale in Lübeck. Das Stammhaus in Wismar soll dagegen bestehen bleiben.

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Der Schriftzug Galeria Kaufhof prangt über einer Eingangstür des Warenhauses in Rostock. © Jens Büttner/dpa

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Mehr als 5.000 Beschäftigte verlieren ihre Arbeit

Nach Konzernangaben werden 21 Standorte zum 30. Juni dieses Jahres aufgeben, 31 Häuser - darunter die in Rostock und Lübeck - zum 31. Januar 2024. Insgesamt werden in ganz Deutschland somit weit über 5.000 Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren. "Dies ist ein rabenschwarzer Tag", sagte ein Betriebsrat. Der ver.di-Bevollmächtigte, Bert Stach, zeigte sich in einer ersten Reaktion enttäuscht. Allerdings sieht er gute Chancen, dass es am Standort Rostock auch nach der Schließung schnell wieder Einkaufsmöglichkeiten geben könnte - anders als in Neubrandenburg, wo der Kaufhof seit der Schließung leer steht. In Rostock, so meint der Gewerkschafter, gebe es durchaus eine Perspektive für so ein Haus, wenn ein Investor ein wirklich zukunftsorientiertes Warenhauskonzept entwickle.

Rostocker Oberbürgermeisterin in Kontakt mit Vermieter

"Mit Entsetzen habe ich heute diese Information erhalten", teilte die Rostocker Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger (Linke) mit. Sie hat nach eigener Aussage Kontakt mit dem Vermieter des Warenhauses geknüpft. Gemeinsam müsse man über die Optionen diskutieren. Um die Vorteile des Einzelhandels gegenüber der Online-Konkurrenz deutlich zu machen, seien weitere Ideen und unternehmerischer Mut gefordert.

Schutzschirm-Insolvenzverfahren gestartet

Der Hintergrund: Galeria Karstadt Kaufhof hatte Ende Oktober zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Jahren Rettung in einem Schutzschirm-Insolvenzverfahren suchen müssen. Als Grund für die bedrohliche Lage des Unternehmens nannte der Konzern die explodierenden Energiepreise und die Konsumflaute in Deutschland.

Mehr Eigenständigkeit für verbleibende Filialen

Nach den Plänen des Konzerns sollen die verbleibenden 77 Filialen in den kommenden drei Jahren umfassend modernisiert werden. In Zukunft will sich der Konzern bei seinem Angebot vor allem auf die Bereiche Bekleidung, Schönheitspflege und Wohn-Accessoires konzentrieren. Bei der Gestaltung ihres Sortiments sollen die Filialen außerdem mehr Eigenständigkeit erhalten.

Was passiert mit den leeren Kaufhäusern?

Der Leiterin des Kunst- und Kulturjournalismus beim NDR, Christine Gerberding, zufolge gehen mit der Schließung eines großen Kaufhauses sowohl Risiken als auch Chancen einher. "Ein totes Kaufhaus kann eine ganze Innenstadt runterziehen, auf der anderen Seite kann natürlich eine wie auch immer geartete Idee und eine Veränderung eine Innenstadt zum positiven verändern", so Gerberding. Für beides gibt es Beispiele. So steht etwa die Galeria Kaufhof-Filiale in Neubrandenburg bereits seit rund zweieinhalb Jahren leer. Negative Auswirkungen sind spürbar: Einzelhändler vor Ort haben eigenen Angaben nach seither deutlich weniger Laufkundschaft.

Es gibt jedoch auch Fälle, in denen ehemalige Kaufhäuser eine Innenstadt aufwerten, indem sie neu genutzt werden. In Rendsburg etwa befindet sich jetzt ein Pflegeheim in einer ehemaligen Kaufhaus-Immobilie. Das "Jupiter" ist ein ehemaliges Karstadt-Sporthaus in Hamburg. Es beherbergt auf rund 8.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche temporäre Galerien etwa für Kunst, Mode oder Produktdesign. Auch Performances, Lesungen und Konzerte finden dort statt.

Ist eine Weiternutzung überall möglich?

Nicht unbedingt, sagt Christine Gerberding. Um eine weitere Nutzung zu etablieren, brauche es in vielen Fällen ein geschlossenes Interesse aller beteiligten Akteure und oft auch größere Investitionen. "Das ist eigentlich im besten Sinne ein stadtgesellschaftliches Projekt, und es braucht die Meinungsfindung: Wie soll die Innenstadt aussehen", so Gerberding. Aufbau und Grundrisse von Kaufhäusern seien oft ungünstig für anderweitige Nutzung, wenn im Gebäude zum Beispiel wenig Tageslicht einfällt oder Wände zur Raumaufteilung fehlen. Auch andere Faktoren können erschwerend hinzukommen: Die leerstehende ehemalige Kaufhof-Filiale in Neubrandenburg etwa stehe dem Besitzer zufolge unter Denkmalschutz und müsste aufwendig und teuer saniert werden, bevor sie weiter genutzt werden kann.

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Der Schriftzug "Galeria Karstadt Kaufhof" auf einer Scheibe einer Hamburger Filiale der Warenhaushauskette. © picture alliance/dpa Foto: Bodo Marks

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 14.03.2023 | 06:00 Uhr

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