Debatte in MV: Wie viel Patriotismus soll's denn sein?
Philipp Amthor (CDU) gilt als der Kopf CDU/CSU-Initiative für einen "aufgeklärten Patriotismus": mehr Flaggen im öffentlichen Raum, mehr öffentliche Bundeswehrgelöbnisse und ein neuer Gedenktag am 23. Mai. In seiner politischen Heimat Mecklenburg-Vorpommern stößt das auf Kritik.
"Bundesprogramm Patriotismus" heißt der Antrag der Unionsfraktion, der derzeit in den Ausschüssen des Bundestags beraten wird. Ziel ist unter anderem, "die ganzjährige Sichtbarkeit nationaler Symbole - insbesondere der Bundesflagge - im öffentlichen Raum" zu erhöhen, so steht es in dem Text. Bei NDR MV Live sagte Amthor, Symbole wie Flaggen oder das Singen der Hymne seien wichtig, weil sie ein großes verbindendes Potenzial hätten. Das könne auch die Risse in der deutschen Gesellschaft kitten, die in den vergangenen Jahren entstanden seien.
Linke warnt vor Spaltung
Amthor erntete Widerspruch von der Co-Landesvorsitzenden der Linken in Mecklenburg-Vorpommern, Vanessa Müller. Ebenfalls bei NDR MV Live sagte sie, es könne gefährlich sein, "Patriotismus unkritisch und unhinterfragt aufzunehmen". Patriotismus grenze aus, spalte Menschen in "Wir" und "Ihr". Die Linke werde das weiter kritisch begleiten, man wolle aber auch niemandem verbieten, in seinem Kleingarten Flaggen zu hissen, so Müller.
Patriotismus als Wahltaktik?
Für den AfD-Landeschef Leif-Erik Holm ist der Antrag der Union im Bundestag "der durchschaubare Versuch, Wähler zurückzugewinnen, die man mit Merkels Linkskurs der vergangenen Jahre vergrault hat". Das sei wenig glaubwürdig. Die SPD im Landtag sieht darin auch vor allem wahltaktische Aspekte bei CDU/CSU und warnt: "Die 'Strategie' der Union, ihre ärgste Konkurrentin AfD durch 'Überholen ohne Einzuholen' besiegen zu wollen, wird nicht aufgehen und stärkt bisher nur die AfD."
FDP begrüßt Debatte, Grüne sehen sie kritisch
Verständnis für den Antrag gibt's hingegen von der FDP in Mecklenburg-Vorpommern. Fraktionschef René Domke glaubt, dass sich eine Debatte darüber lohne, ob man "einen nicht ausgrenzenden oder herabsetzenden Patriotismus stärker in den Blickwinkel der Menschen" rücken solle. Die Grünen im Landtag sehen das ganz anders: "Patriotismus" weise schon seinem Bedeutungsursprung nach wortwörtlich auf eine Ideologie des Vaterlands, so der Fraktionsvorsitzende Harald Terpe. Damit stehe der Begriff in krassem Gegensatz zu den inklusiven Werten des Grundgesetzes, der Europäischen Grundrechte-Charta und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen.
Haben die Ostdeutschen Nachholbedarf?
Für scharfe Kritik sorgt eine bestimmte Formulierung im Antrag der Unionsfraktion: danach soll insbesondere in Ostdeutschland "der zum Teil fehlende Bezug zur eigenen Nation (…) als eine Schwachstelle der Wiedervereinigung" aufgearbeitet werden. Es müsse deshalb einen besonderen Einsatz für patriotische Fragen in Ostdeutschland geben.
Das seien Unterstellungen gegenüber den Menschen im Osten, kritisiert die SPD-Landtagsfraktion. Die Christdemokraten zeigten "nicht nur mangelnden Respekt, sondern auch Ahnungslosigkeit, wo die tatsächlichen Herausforderungen liegen" - etwa bei dem Thema gleiche Löhne in Ost und West oder auch den Renten. Bei NDR MV Live ruderte Philipp Amthor ein Stück weit zurück und nannte die Formulierung im Antrag etwas "verkopft". Es sei keine "Ostdeutschenschelte" damit gemeint.