Ausgesetzte Schildkröten: Gefahr für heimische Flora und Fauna
Forscher haben eine Liste mit Süßwasser-Haustieren erstellt, von denen ein hohes sogenanntes Invasionsrisiko ausgeht. Werden sie ausgesetzt, kann das die heimische Flora und Fauna stark beeinflussen.
Wenn unerwünschte Süßwasser-Exoten von ihren Besitzern ausgesetzt werden, birgt das Risiken für die heimische Flora und Fauna. Darauf haben Forscher des Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei Berlin hingewiesen, da dies wesentlich zu einer Ausbreitung invasiver Arten beitrage. Ganz vorn dabei auf einer von den Forschern erstellten Liste sind zwei Zierfische: der Goldfisch und der Guppy. Auch die Nadel-Kronenschnecke und bestimmte Schildkrötenarten können in der heimischen Natur große Schäden anrichten.
Exoten in MVs Gewässern
In Mecklenburg-Vorpommern wurde der Goldfisch bereits in 29 Fällen in der Natur gesichtet. Der Goldfisch nimmt sehr viel Nahrung auf und hat dabei ein breites Spektrum. Er sucht sein Futter auch sehr intensiv. Somit kann der Goldfisch die Gewässer drastisch verändern. Guppys sind beliebte Aquarienfische, sie werden aber auch weltweit als tierische Mückenbekämpfer eingesetzt. Die Wissenschaftler verweisen darauf, dass Guppys in freier Wildbahn auch andere heimische wirbellose Arten zurückdrängen können. Die Nadel-Kronenschnecke vermehrt sich rasant und ungeschlechtlich. Sie verdrängt bereits nachweislich andere heimische Süßwasserschneckenarten.
Nordamerikanerin in Rostock gesichtet
Die Nordamerikanische Buchstaben-Schmuckschildkröte wurde bereits in Gewässern in Neubrandenburg und Rostock beobachtet. Sie darf EU-weit nicht mehr gehandelt werden, weil sie so oft ausgesetzt wurde, dass sie nun auf allen Kontinenten vorkommt - mit Ausnahme der Antarktis. Die Sichtungen sind ein Nachweis dafür, dass die Tiere ausgesetzt wurden. Die Berliner Wissenschaftler haben auch die Angebote von Zoofachgeschäften, Gartencentern und entsprechender Internetseiten ausgewertet und kamen zu dem Ergebnis, dass 97 Prozent der in Deutschland verkauften Süßwasserarten nicht heimisch sind. Daraus ergibt sich eine große Gefahr, dass ausgesetzte Haustiere heimische Arten verdrängen.
Forscher filtern Hochrisikoarten heraus
Die Wissenschaftler sind unter anderem der Frage nachgegangen, welche Haustierarten besonders oft freigesetzt werden könnten. Sie haben dafür Kriterien erarbeitet. Demnach sind es vor allem leicht erhältliche und billige Arten und Tiere, die sich schnell vermehren oder aber sehr groß werden, wodurch bald zuhause der Platz fehlt. Dies ergab auch eine Online-Recherche: Die Forscher haben nach Verkaufsangeboten und Gründen gesucht, warum Tiere abgegeben werden. In vielen Fällen wollen Besitzer ihr Aquarium umgestalten oder den Tierbestand austauschen.
Forscher: Heimtierhandel benötigt strikte Regelungen
Die Wissenschaftler hoffen, dass ihre gesammelten Daten sowie das ermittelte Risiko einer Freisetzung möglichst bald als Grundlage für entsprechende Gesetze dienen, um zu verhindern, dass unerwünschte Haustiere ausgesetzt werden. Zudem fehlen in Mecklenburg-Vorpommern strikte Vorgaben, wer bestimmte Tiere wie privat halten darf. Artenschützer fordern das Land schon länger auf, eine spezielle Gefahrtierverordnung zu verabschieden, wie es sie beispielsweise schon in Hamburg und Niedersachsen gibt. Die Forscher verweisen auch darauf, dass der internationale Heimtierhandel schlecht reguliert sei und sich deshalb gebietsfremde Arten leicht verbreiten könnten. Für die Forscher besteht noch großer Handlungsbedarf, damit Exoten die heimische biologische Vielfalt nicht gefährden.