Angeblicher Waffenkauf: Hat Caffier gelogen?
Neun Monate nach seinem Rücktritt wegen eines umstrittenen Waffenkaufs bekommt Ex-Innenminister Lorenz Caffier (CDU) möglicherweise Ärger mit der Justiz. Die Rostocker Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Landtagsabgeordneten wegen des Anfangsverdachts der Vorteilsannahme.
Mit dem Rückzug aus dem Amt Mitte November 2020 ist der Fall für Caffier noch nicht erledigt. Die Staatsanwaltschaft Rostock, die bekannt dafür ist, auch führende Politiker nicht zu schonen, hat Caffiers angeblichen Waffenkauf vom Januar 2018 genauer unter die Lupe genommen. Die Ermittler stellten dabei etliche Ungereimtheiten fest. Es geht um eine milde Variante der Korruption, genauer: der Vorteilsannahme. Und es geht dabei auch um die Frage, ob Caffier bei seiner Version der Geschichte die Öffentlichkeit täuschte - also gelogen hat.
Caffier räumte Fehler ein
Rückblick: Vor neun Monaten trat Caffier nach fast 14 Jahren im Amt zurück. Grund war ein umstrittener Waffenkauf bei dem Waffenhändler und Schießtrainer Frank T. aus dem Landkreis Rostock. Dem Mann wurden Verbindungen zum rechtsextremen Netzwerk "Nordkreuz" nachgesagt. Ein Innenminister, der im Umfeld von Rechtsextremisten eine Waffe kauft, schien untragbar. Caffier sprach selbst von einem Fehler, nicht früher über den Kauf informiert zu haben. Zum Zeitpunkt des Kaufs im Januar 2018 sei von dessen Verbindungen nichts bekannt gewesen. Er habe die Waffe als Jäger erworben.
Bekam Caffier die Waffe geschenkt?
Caffier sprach mehrfach von einem "Kauf" der Waffe. Die Ermittler zweifeln an der Geschichte. Sie meinen, Geld sei gar nicht geflossen, Caffier habe die Waffe von Frank T. überlassen bekommen - quasi als Geschenk. Die Pistole vom Typ Glock 19 kostet - je nach Ausführung - rund 800 Euro. Einen Beleg über die Zahlung oder den Kaufvertrag haben die Staatsanwälte beim vermeintlichen Verkäufer nicht gefunden. Gegen Frank T. wird wegen des Verdachts des unerlaubten Waffenbesitzes ermittelt - die Ermittlungen gegen Caffier gelten als Beifang.
Caffier stand zu Frank T. in Dienstbeziehung
Aus dem Umfeld der Ermittler heißt es, auch Zeugenbefragungen hätten keinen Hinweis auf einen Kaufbeleg ergeben. Das kann nur bedeuten, dass auch Frank T. den Verkauf der Waffe nicht nachweisen kann. Für einen Ex-Innenminister als Amtsträger kann eine geschenkte Pistole auch nachträglich zum Problem werden. Denn Caffier stand mit dem Waffenhändler in einer Dienstbeziehung: Die Spezialkräfte (SEK) seiner Polizei trainierten jahrelang auf dem Schießplatz des Trainers in Güstrow. Mehr als 14.000 Euro hat das Land dafür gezahlt. Caffier ließ sich mehrmals als begeisterter Schirmherr der sogenannten Special Forces Workshops in Fachmagazinen ablichten - auch an der Seite des damaligen SEK-Chefs Lutz Müller, Ehemann von Landtagspräsidentin Birgit Hesse (SPD). Da war noch nicht offiziell, dass die Trainings auch als Treffpunkt für rechtsextreme Polizisten dienten.
Staatsanwaltschaft spricht von Klimapflege
Die Staatsanwaltschaft prüft jetzt, ob Caffier als Minister im Amt mit der Übergabe der Pistole einen Vorteil angenommen hat. Sie spricht von einer möglichen Form der "Klimapflege". Auf Vorteilsannahme stehen Geldstrafe oder Gefängnis bis zu drei Jahren - oft aber werden die Verfahren gegen Zahlung einer bestimmten Summe eingestellt. Die härtere Form der Bestechlichkeit liegt offenbar nicht vor. Die Ermittler haben keinen Anhaltspunkt dafür, dass Caffier eine "Gegenleistung" erbracht hätte. Caffier hatte in der Vergangenheit NDR Nachfragen zu seinem angeblichen Waffenkauf unbeantwortet gelassen - insbesondere zur Höhe des Kaufpreises und zur Art und Weise der Übergabe verweigerte er Auskünfte, auch mit dem Hinweis auf seinen erfolgten Rücktritt als Innenminister.
Caffier schweigt
Nach dem Bekanntwerden der Ermittlungen hat Caffier auf Nachfragen bisher nicht reagiert. Er weiß aber von den Ermittlungen. Die Staatsanwaltschaft hat in der vergangenen Woche das Landtagspräsidium über bevorstehende Ermittlungen informiert und zeitgleich auch Caffier unterrichtet. Seit Montag laufen die Ermittlungen offiziell. Caffier, so die Ermittler, habe sich noch nicht geäußert und er habe bisher auch keinen Anwalt eingeschaltet. Die Linksopposition kritisierte "eine Politik des Mauerns und Vertuschens" im Innenministerium. Der Skandal um den Waffenkauf müsse auch politisch weiter aufgeklärt werden.
