Kommentar: Hat Schwesig die Corona-Lage noch im Griff?
Von vielen wird sie nicht nur bewundernd "Die Königin" genannt. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) glänzt als die Corona-Managerin des Landes.
Ein Kommentar von Stefan Ludmann
Kaum ein Tag vergeht, an dem die Regierungschefin nicht neue Entwicklungen kommentiert, neue Entscheidungen verkündet. Corona macht Schwesig dauerpräsent. Bei den Menschen kommt ihre Corona-Politik gut an: 75 Prozent sind nach einer NDR Umfrage vom November zufrieden oder sogar sehr zufrieden mit ihrem Handeln in der Pandemie.
Warum auch nicht? Mecklenburg-Vorpommern hat noch immer die niedrigsten Fallzahlen deutschlandweit. Das Land kommt - wie Schwesig nicht müde wird zu betonen - gut durch die Krise. Bisher.
Auch in MV steigen die Zahlen
Denn auch in Mecklenburg-Vorpommern steigen die Corona-Zahlen, das Land ist jetzt Risikogebiet. Die Belastung in den Kliniken und den Pflegeheimen wächst - und nicht nur da. Schwesig muss sich fragen lassen. Hat sie und haben die Kommunen und all die Experten die Sache noch im Griff? Natürlich ist es fast übermenschlich, in der Pandemie alles richtig zu machen und vor allem: alles zu wissen. Aber gerade diese Erkenntnis sollte vor schnellen Ankündigungen schützen.
Die Regierungschefin betont immer wieder, wie wichtig es ist - so wörtlich - die Menschen mitzunehmen. Genau da liegt das Problem. Schwesig hat vielen falsche Hoffnungen gemacht: Zu Beginn des November-Teil-Lockdowns verkündete sie, über Weihnachten und den Jahreswechsel müsse man sich was auch mal was gönnen können, dann seien auch mehr Kontakte möglich - nicht nur mit der Familie, auch mit Freunden. Die Fest-Tage als Pause im Kampf gegen die Pandemie? Das erweist sich nicht erst jetzt als gewagt.
Das Lockerungs-Versprechen muss Schwesig großenteils kassieren, sie schiebt den Schwarzen Peter den Experten aus Greifswald und angeblich wackligen Prognosen zu. Ein Hin und Her gab es auch bei der zunächst frohen Botschaft für die Kosmetik-Salons und Massage-Praxen. Sie könnten bald wieder aufmachen - wenn die Zahlen sinken, hieß es noch vor gut 14 Tagen. Steigende Zahlen habe die Hoffnungen zerstört, der Frust wächst, auch weil die Landesregierung nicht erklären kann, warum Frisörsalons öffnen dürfen, die anderen nicht.
"Schuld sind also die anderen"
Fragwürdig sind die Erklärungsmuster für die steigenden Zahlen: Eine zweite Welle drücke massiv von Tschechien aus über Polen ins Land, sagte Schwesig. Schuld sind also die anderen. Wenn etwas an diesem regionale Wagenburg-Denken richtig sein sollte, warum hat dann ausgerechnet Schwesigs Heimatstadt Schwerin - weit entfernt von jeder Außengrenzen - die 100-Inzidenz überschritten?
Nicht nachvollziehbar ist auch, warum Schwesig auf eine Spitzenrunde mit der Kanzlerin warten will. Pandemie-Schutz ist Länder-Sache. Schwesig braucht nicht den Segen aus Berlin - es sei denn, sie setzt darauf, Verantwortung abzuwälzen. Wenn sie öffentlichkeitswirksam fordert, der Einzelhandel sollte möglichst am 4. Advent schließen, dann hindert sie nichts daran, das für Mecklenburg-Vorpommern zu tun.
Die Landesregierung startet demnächst eine Werbe-Kampagne für ihre Corona-Schutzmaßnahmen. Ein Motto lautet: "Ich tu's für uns". Schwesig muss aufpassen, dass ihr die Leute diesen Spruch kommenden Wahljahr weiter abnehmen.
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