Lkw-Abbiegeassistenten bestehen Praxis-Test
Lkw überfährt Radfahrer - erst im Januar kam es in Hamburg wieder zu solch einem tragischen Unfall. Oft ist das Problem, dass Lkw-Fahrer, wenn sie rechts abbiegen, Radfahrer im sogenannten toten Winkel übersehen. Laut dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) kommt alle zwei Wochen ein Mensch auf diese Art und Weise ums Leben. Bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Berlin haben der ADFC und der Bundesverband Güterkraftverkehr am Dienstag ein Papier mit Forderungen an die Politik vorgestellt. Ein zentraler Punkt ist die Forderung nach elektronischen Abbiegeassistenten für Lkw-Fahrer, um Unfälle dieser Art zu verhindern. In Hamburg wird das System schon an städtischen Fahrzeugen getestet.
von Charlotte Horn und Torben Steenbuck

Der Lkw-Fahrer der Hamburger Stadtreinigung, Wolfgang Castendyk, hat sich inzwischen an den kleinen piependen Bildschirm in seiner Fahrerkabine gewöhnt. Ganz rechts auf der Armaturen-Ablage steht der kleine Monitor in der Größe eines Tablets. Blinkt der Lkw-Fahrer rechts oder biegt er ab, wird der Abbiegeassistent aktiviert. Castendyk ist davon überzeugt. "Das System mit der Kamera zeigt genau den Bereich", sagt der 57-Jährige und deutet auf den Monitor.
Lkw-Abbiegeassistent bringt deutliche Vorteile
Durch wiederholtes Piepen warnt der Monitor den Fahrer vor Bewegung längs des Lkw. Außerdem überträgt er die Bilder einer kleinen Kamera, die rechts außen über der Beifahrertür montiert ist. Auf dem Monitor sieht der Fahrer die volle Längsseite des Lkw - anders als im schmalen Seitenspiegel. Wolfgang Castendyk ist sicher: Mit dem Kamera-Assistenten hätte sich ein Abbiege-Unfall, in den er verwickelt war, vermeiden lassen.
"Die Dame, die ich angefahren habe, die war im toten Winkel und die Frau hat gut reagiert und hat gemerkt, dass ich nicht anhalte und ist stehen geblieben. Aber trotzdem habe ich sie beim Abbiegen mit dem Hinterreifen noch zu fassen bekommen, so dass sie leider noch ins Krankenhaus musste", erzählt der Lkw-Fahrer.
Bäume und Schilder erkennt das System oft nicht
Den einzigen Nachteil sieht der 57-Jährige an den Fehlermeldungen. Noch piepe der Abbiegeassistent auch, wenn der Lkw nah an einem Baum oder Schild vorbeifahre. Zur Verbesserung des Systems steht die Hamburger Stadtreinigung im engen Austausch mit den Herstellerfirmen. Seit über einem Jahr testet das städtische Unternehmen die Abbiegeassistenten.
Pro Einbau fielen 2.000 bis 3.000 Euro an, so Pressesprecher Reinhard Fiedler. Aber das sei es wert. "Im Vergleich zu verletzten Verkehrsteilnehmern ist das eine sinnvolle Investition und sie entlastet auch die Fahrer". Alles, was das Fahren in Hamburgs engen Straßen erleichtere, sei willkommen.
34 Todesopfer bei Abbiegeunfällen in 2018
Erst Ende Januar hatte Hamburgs Innensenator Andy Grote eine Offensive angekündigt, alle städtischen Lkw mit Abbiegeassistenten auszustatten - wie bei der Feuerwehr und Polizei. Auch private Unternehmen wollen sich der Initiative anschließen.
Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub hat eine Unfall-Statistik der Polizei ausgewertet. Demnach starben in Deutschland 2018 insgesamt 34 Radfahrer bei Abbiegeunfällen mit Lkw. Durch den zunehmenden Güterverkehr werde die Art von Unfällen zunehmen, so der ADFC. Zusammen mit dem Bundesverband Güterkraftverkehr fordert der Verband verpflichtende Abbiegeassistenten für alle Lkw.
Bürgerinitiative will Beifahrer in Lkw
Das unterstützt auch die Bürgerinitiative "Radentscheid Hamburg". Dieses Kamera-System alleine reiche aber nicht, so Sprecher Philipp Bitting. Die Initiative fordert, dass bei den letzten Kilometern in der Stadt Beifahrer mit in den Lkw sitzen. Außerdem müssten die Kreuzungen gesichert werden, erklärt Bitting. "Die Autofahrer müssen langsamer abbiegen und dann aber auch in einem Winkel, wo sie die Radfahrer besser sehen."
In Berlin habe sich der Senat schon Rat aus den Niederlanden geholt. Dort habe sich bereits ein neues Modell für sichere Kreuzungen bewährt. Und das wünscht sich die Bürgerinitiative auch für Hamburg.
