Energiekrise: Kritik an Ergebnissen der Bund-Länder-Runde

Stand: 05.10.2022 14:43 Uhr

Ergebnislos - oder grundsätzliche Einigung? Nach der Ministerpräsidenten-Konferenz zum Umgang mit den hohen Energiepreisen haben sich Politiker sehr unterschiedlich zu den Ergebnissen geäußert. Kritik kam unter anderem von SH-Ministerpräsident Günther.

Bei dem Treffen von Bund und Ländern am Dienstag ging es vor allem um die hohen Energiepreise und die sonstige Inflation - und darum, wie Privatmenschen und Unternehmen entlastet werden können. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte an, der Bund werde 240 bis 250 Milliarden Euro der Kosten von insgesamt drei Entlastungspaketen tragen, die einen Umfang von 295 Milliarden Euro haben sollen. Es sind allerdings noch viele Fragen offen: Welche Kosten kommen tatsächlich auf die Länder zu? Wie genau soll die Gas- und Strompreisbremse funktionieren? In welcher Höhe dürfen die Bürgerinnen und Bürger mit Entlastungen rechnen? In zwei Wochen soll weiterverhandelt werden.

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Günther: "Hätte konkretere Vorstellungen des Bundes erwartet"

Deutliche Kritik an den Ergebnissen kam von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU): "Meine Erwartungen an diese Konferenz haben sich nicht erfüllt." Angesichts der "wirklich schwierigen Lage, in der wir uns in Deutschland befinden, mit großer Unsicherheit in der Bevölkerung", hätte er "viel konkretere Vorstellungen" des Bundes erwartet, sagte Günther. Man sei im Prinzip immer noch auf dem Stand der vergangenen Woche, als die Länderchefs bereits ohne die Bundesregierung zusammen saßen. Der Bund habe keine der jetzt wichtigen Fragen beantworten können, so Günther.

Althusmann: "Ergebnis sehr enttäuschend"

Ähnlich äußerte sich der niedersächsische Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) in einem NDR Info Interview zum Landtagswahlkampf in seinem Bundesland. Die Ampelkoalition habe keine Lösungen und keinen Plan zum Umgang mit den Folgen des Ukraine-Krieges, sagte Althusmann. "Das Ergebnis ist meines Erachtens sehr enttäuschend."

Weil: Müssen Ergebnisse der Experten-Kommission abwarten

Sein Regierungspartner und Gegner bei der Landtagswahl, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), sieht ebenfalls noch unbeantwortete Fragen: Es sei noch nicht entschieden worden, wie die Belastungen zwischen Bund und Ländern aufgeteilt würden. Er erwarte, dass dies dann Ende des Monats oder Anfang November erfolgen werde. "Das 200-Milliarden-Programm wurde von allen als wichtiger Schritt gewürdigt", sagte Weil. "Nun müssen wir die Ergebnisse der Experten-Kommission abwarten, um Maßnahmen im Detail beurteilen zu können." Die Kosten für die geplante deutliche Ausweitung des Wohngelds sollten nach Weils Ansicht alleine vom Bund getragen werden. Allerdings habe Bund dazu bislang keine Bereitschaft signalisert. "Das bedauere ich angesichts der anstehenden Verdreifachung der auszuzahlenden Beträge und der hohen Belastungen der Länder sehr." Niedersachsen ist seit Oktober Vorsitzland der Ministerpräsidenten-Konferenz.

Schwesig: "Lösungen sind längst überfällig"

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) zeigte sich zufrieden angesichts der grundsätzlichen Einigung zwischen Bund und Ländern in der Ministerpräsidenten-Konferenz (MPK). Auch sie mahnte jedoch: "Wir haben nicht mehr viel Zeit, denn die Lösungen sind längst überfällig."

Tschentscher betont Bedeutung der Entlastungen für Industrie

Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) betonte nach dem Treffen, wie bedeutend das 200-Milliarden-Programm aus seiner Sicht auch für die Industrie sei. Vorgesehen sei nämlich, große Unternehmen zu entlasten, indem für sie im Rahmen der Strompreisbremse ein spezifischer Basis-Verbrauch verbilligt wird.

Linke fordert Deckel statt Bremse - Scholz: Über konkrete Gestaltung wird gesprochen

Die Parteichefin der Linken, Janine Wissler, verlangte statt der geplanten Gaspreisbremse einen Gaspreisdeckel. Im "Morgenmagazin von ARD und ZDF" sagte Wissler am Mittwoch, nötig sei ein bezahlbarer Grundbedarf, damit niemand im Winter frieren müsse.

Bundeskanzler Scholz hatte in der Pressekonferenz nach der MPK gesagt, über die konkrete Gestaltung der geplanten Strom- und Gaspreisbremse werde noch gesprochen. Er gehe davon aus, dass es nächste Woche Ergebnisse gebe, zu denen sich die Bundesregierung dann "sofort verhalten" könne.

"Nachfolge-Lösung" für 9-Euro-Ticket aufgeschoben

Bei den Beratungen ging es auch um eine "Nachfolge" für das Ende August ausgelaufenen 9-Euro-Ticket für den Nah- und Regionalverkehr. Auch dabei gab es in der MPK keinen greifbaren Fortschritt: Der Bund wies Forderungen der Länder nach generell mehr Geld für den Nahverkehr zurück. Man müsse weiter an einer Einigung arbeiten, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Weil. Das 9-Euro-Ticket habe in Ballungsräumen erhebliche Erleichterungen gebracht, aber nicht in vielen ländlichen Räumen, wo es nicht so ein gutes Angebot gebe. Die Verkehrsminister von Bund und Ländern sollten noch einmal beraten, so Weil. Für Mitte Oktober sei eine entsprechende Konferenz geplant. Ziel ist offenbar ein Preis zwischen 49 und 69 Euro im Monat.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund reagierte enttäuscht, dass es bei der MPK auch für die Finanzierung der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen keine Einigung gegeben habe.

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NDR Info | 05.10.2022 | 14:00 Uhr

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