Drosten im Corona-Podcast: Booster-Impfung bester Schutz gegen Omikron
Wie umgehen mit Omikron? Die Fallzahlen unter dem Einfluss der neuen Coronavirus-Variante steigt rasant, der Krankheitsverlauf scheint nach neuen Daten milder zu sein. Christian Drosten spricht im NDR Info Podcast Coronavirus-Update über die Booster-Impfung als Schutz und den Umgang mit Quarantäne-Zeiten.
"Omikron wird so langsam das Geschäft übernehmen und Ende Januar auch bei uns dominieren", sagt der Chefvirologe der Berliner Charité in der neuen Podcast- Folge. Weil in Deutschland im Gegensatz zu vielen anderen Ländern noch Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in Kraft sind, verlaufe der Anstieg derzeit noch langsamer als beispielsweise in England oder den USA, wo am Dienstag erstmals an einem Tag mehr als eine Million Neuinfektionen registriert wurden. In Deutschland geht man momentan noch von einer Verdopplungszeit alle vier Tage aus, in anderen Ländern lag dieser Wert schon zu Beginn der Omikron-Welle bei etwa 2.
Daten aus London: Risiko für Hospitalisierung sinkt
Die erfreuliche Nachricht: "Das, was man Krankheitslast nennt, entkoppelt sich zunehmend", sagt Drosten. "Das haben wir schon am Ende der Delta-Welle gesehen und das liegt an den Booster-Impfungen." Dazu kommt: Bei einer Omikron-Infektion landen bislang weniger Covid-Patienten auf der Intensivstation, und ein kleinerer Anteil der Infizierten muss ins Krankenhaus. Darauf deuten Daten aus Großbritannien hin, die vor Weihnachten erhoben wurden.
So heißt es in der Studie des Imperial College London, dass bei einer Omikron-Infektion das Risiko ins Krankenhaus zu müssen, insgesamt bis zu 30 Prozent geringer ist als bei einer Ansteckung mit der Delta-Variante. Bei zweifach Geimpften sinkt das Risiko um 34 Prozent, bei Menschen mit Booster-Impfung reduziert sich die Wahrscheinlichkeit einer Hospitalisierung sogar um 63 Prozent. "Was also richtig schützt gegen Omikron, ist eine Dreifach-Impfung", sagt Drosten. Der starke Fokus, der auf die Booster-Vakzinierung gelegt werde, sei richtig.
Risiko einer Krankenhaus-Einweisung sinkt auch für Ungeimpfte
Als bislang einzige Studie filtert die Londoner Untersuchung auch das Risiko einer Krankenhaus-Einweisung für Ungeimpfte heraus. Für diese Gruppe fällt es im Vergleich zu Delta um 24 Prozent geringer aus. "Das ist für die vielen Ungeimpften, die wir leider in Deutschland haben, zunächst eine gute Neuigkeit", sagt Drosten. Es gibt aber auch eine schlechte: Angesichts von etwa drei Millionen Ungeimpften allein bei den über 60-Jährigen geht der Wissenschaftler davon aus, dass es in dieser Gruppe aufgrund der hohen Infektiosität von Omikron zwangsläufig Infektionen und Erkrankungen mit unterschiedlichen Verläufen geben wird. Zudem stammen die englischen Daten zu Omikron aus einer frühen Phase der Welle, es bleiben Rest-Unsicherheiten und Fragezeichen: "Es wäre voreilig, aufgrund der Beobachtungen aus England zu sagen: Ist alles halb so schlimm", sagt Drosten.
Dänische Studie: Höhere Ansteckungsrate bei Omikron
Wie wichtig Booster-Impfungen sind, zeigt auch eine Studie aus Dänemark. Demnach senkt erst eine dritte Dosis signifikant das Risiko, sich mit Omikron anzustecken. In der Erhebung aus dem Dezember 2021 wurde in dänischen Haushalten untersucht, wie die sekundäre Angriffsrate des Virus (secondary attack rate) im Vergleich zwischen Delta- und Omikron-Variante ausfällt, also wie hoch die Quote derjenigen ist, die unmittelbaren Kontakt mit einem Infizierten haben und sich bei diesem anstecken.
Ergebnis bei untersuchten 2.225 Omikron- und 9.712 Delta-Primärfällen: Bei Omikron lag die Ansteckungsrate in der gesamten Gruppe bei 31 Prozent, bei Delta bei 21 Prozent. Bei denen, die zweifach geimpft waren, lag das Verhältnis bei 32:19, bei den dreifach Geimpften bei 25:11.
Drosten: "Dreifach-Impfung macht den Unterschied"
Welchen Wert die Booster-Impfung hat, zeigt noch besser das Wahrscheinlichkeits- oder Chancenverhältnis (odds ratio), sich zu infizieren. Es ist laut Studie bei einer Omikron-Infektion für Ungeimpfte genauso hoch wie für doppelt Geimpfte. Bei dreifach Geimpften sinkt es hingegen um 54 Prozent. "Die doppelte Impfung wird für die Verbreitungskontrolle wahrscheinlich weniger beitragen bei Omikron. Da sind wir ziemlich ungeschützt", schlussfolgert Drosten daraus. "Die Dreifach-Impfung macht den Unterschied."
Debatte über Quarantäne-Dauer
Auch in Deutschland werde man bald einen sehr steilen Anstieg sehen, sagt der Experte. Aber selbst wenn mit milderen Verläufen zu rechnen ist: Krank werden die Menschen doch und auch ein weniger schwerer Verlauf könne Symptome bis hin zu Fieber und beginnender Atemnot mit sich bringen. Fallen gleichzeitig sehr viele Menschen aus, könne das für einige Bereiche der kritischen Infrastruktur zum Problem werden: in Krankenhäusern, in der Pflege, in der Lebensmittelversorgung, im Verkehr. Drosten hält eine Verkürzung der Quarantäne-Zeit für eine wichtige Überlegung, denn: "Wenn jemand, der nur Kontaktperson war, zur Sicherheit 14 Tage zu Hause bleiben muss, wird man bei der Omikron-Welle, die sehr schnell anflutet, sehr viele Arbeitskräfte verlieren. Das wäre ein großer gesellschaftlicher Schaden, und das muss man aus politischer Sicht natürlich abwenden."
"Wenn jemand, der nur Kontaktperson war, zur Sicherheit 14 Tage zu Hause bleiben muss, wird man bei der Omikron-Welle, die sehr schnell anflutet, sehr viele Arbeitskräfte verlieren." Christian Drosten
Derzeit sind für Isolation (Infizierte) und Quarantäne (Kontaktpersonen von Infizierten) jeweils 14 Tage vorgesehen. Zumindest in essenziellen Bereichen sollte die Quarantäne-Zeit verkürzt werden, sagt Drosten. Würde man Kontaktpersonen gar nicht mehr unter Quarantäne setzen, geschehe das natürlich in dem Wissen, dass Menschen dabei sein werden, die das Virus weitergeben. Das gelte es abzuwägen: "Da ist in den nächsten Tagen eine schwierige politische Debatte zu führen." Am Freitag beraten Bund und Länder auch über die Quarantäne-Regelung.
Drosten: Infektion ist kein Training fürs Immunsystem
Ausdrücklich warnt der Virologe vor der offenbar weit verbreiteten Annahme, es sei angesichts weniger schwerer Verläufe besser, die Infektion durchzumachen als sich impfen zu lassen. Dieser Reflex sei gerade bei jungen Leuten nachvollziehbar, sagt Drosten. Aber auch junge Menschen riskierten bei einer Covid-19-Infektion Lungenschäden, die sich schleichend einstellen können. Und es sei ein Irrtum, dass man sein Immunsystem mit einer Ansteckung "trainieren" können. "Wir sprechen von einer spezifischen Infektion. Durch das Lesen eines Buchs steigere ich auch nicht meine Intelligenz." Viele Infektionskrankheiten schädigten zunächst sogar das Immunsystem. "Das unterscheidet die Impfung von der Infektion", erklärt Drosten: "Der gedächtnisbildende Effekt ist vorhanden, der immunschwächende wird ausgeklammert."
Hinweis: Die nächste reguläre Folge des Coronavirus-Update wird am 18. Januar 2022 veröffentlicht.
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