Blick in die Wahlprogramme: Steuern und Finanzen
Wer immer die nächste Bundesregierung bilden wird: Bevor die Koalitionspartner über politische Vorhaben sprechen, müssen sie einen Kassensturz machen. Was ist finanziell überhaupt möglich? Die Haushaltslage des Bundes ist nämlich - vorsichtig gesagt - angespannt.
Die Corona-Schulden
Die Pandemie war teuer für den Fiskus, sehr teuer. Um die Unternehmen im Lockdown zu stützen, um die monatelange Kurzarbeit zu bezahlen und Impfstoffe zu kaufen, hat der Bund Schulden gemacht. 270 Milliarden Euro sind es bisher, noch einmal 100 Milliarden Euro sollen im kommenden Jahr dazukommen. Der Nachfolger oder die Nachfolgerin von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) muss zumindest damit beginnen, diese gewaltige Summe zurückzuzahlen. Um die 20 Milliarden Euro kostet das den Bund pro Jahr. Geld, das für Investitionen zum Beispiel in den Klimaschutz fehlen wird.
Die Schuldenbremse
Der Bund muss mit dem Geld auskommen, das er an Steuern einnimmt, so besagt es das Grundgesetz. Die Union will im Jahr 2023 zur Schuldenbremse zurückkehren - das Wirtschaftswachstum werde für höhere Einnahmen sorgen. Die SPD bekennt sich ebenfalls zur Schuldenbremse, sagt aber auch, dass der Sozialstaat eben koste. Die Grünen sprechen sich offen dafür aus, die Schuldenbremse weiter auszusetzen, damit genug Luft da ist, um in die Energiewende und die Digitalisierung zu investieren.
Die Linke will die Schuldenbremse ganz aus dem Grundgesetz streichen. Die AfD hat eigentlich gar kein Finanzkonzept, außer dem, dass sie zurück will zur D-Mark.
Steigen die Steuern?
Ja, sagt SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz - aber nur für Spitzenverdiener. Die sollten mehr Einkommensteuer zahlen. Grüne und Linkspartei schließen sich dieser Forderung an. Auch mit einer Vermögenssteuer könnten sich alle drei Parteien anfreunden. "Für die Union sind Steuererhöhungen tabu", sagt dagegen deren Spitzenkandidat Armin Laschet - er verspricht im Gegenteil Entlastungen für Familien und für Unternehmen. Das ist ganz im Sinne auch der FDP, die zusätzlich noch den Soli für Spitzenverdiener abschaffen will.
Ganz offen spricht im Wahlkampf niemand drüber, aber einige Steuererhöhungen der Zukunft sind längst beschlossen: Die CO2-Abgabe auf Kraftstoffe und Heizenergie zum Beispiel wird weiter steigen, und auch das Rauchen wird in mehreren Schritten teurer.
Was nicht in den Wahlprogrammen steht
Sind damit die Löcher im Haushalt zu stopfen? Noch nicht mal im Ansatz, sagen führende Ökonomen. Denn: Die Deutschen werden immer älter, und das macht die Sozialsysteme teurer. Der Gesundheitsfonds, die Pflegekosten, vor allem aber die Zuschüsse zur Rentenkasse drohen den Bundeshaushalt schon in ein paar Jahren zu sprengen.
Und wo läge ein Ausweg? Neue Schulden verbietet das Grundgesetz. Drastische Ausgabenkürzungen wären sehr unpopulär. Bleibt ein dritter Weg: der entschiedene Dreh an der Steuerschraube. Die letzte Mehrwertsteuererhöhung zum Beispiel gab es im Jahr 2007. Die Union hatte die Anhebung damals vor der Wahl angekündigt, prompt prangerte die SPD das im Wahlkampf als "Merkel-Steuer" an. Dann kam die Große Koalition - und die Steuer stieg, mit den Stimmen der Sozialdemokraten.
