Stand: 23.07.2019 14:19 Uhr

Chronologie: Die Debatte um die Elbvertiefung

2002

Hamburg stellt beim Bundesverkehrsministerium einen Antrag zum weiteren Ausbau der Elbe, damit auch Containerschiffen von bis zu 13,5 Metern Tiefgang die tideunabhängige Fahrt auf der Elbe in beiden Richtungen ermöglicht wird.

2007

Bei einem Spitzentreffen der norddeutschen Länder kündigt Niedersachsen an, der geplanten Elbvertiefung zunächst nicht zustimmen zu wollen. Erst müssten die Folgen der letzten Fahrrinnenanpassung beseitigt und die Probleme der Deichsicherheit gelöst werden.

2008

Aus Sorge um die Realisierung der Elbvertiefung beteiligt sich der Hamburger Senat nicht am Antrag der norddeutschen Länder, das Wattenmeer als UNESCO-Weltnaturerbe zu schützen.

2008

Die nächste Stufe der Elbvertiefung ist ein beherrschendes Thema im Hamburger Bürgerschaftswahlkampf. Nach der Wahl einigen sich die Koalitionspartner CDU und GAL darauf, dass die Fahrrinnenvertiefung im vollen Umfang kommen soll.

2010

Der Senat der Hansestadt beschließt, den Hamburger Teil des Wattenmeers bei der UNESCO als Weltnaturerbe nachzumelden. Die Wirtschaftsbehörde sieht dadurch keine Gefahr mehr für die Elbvertiefung. Hamburgs Wirtschaftssenator Ian Karan (parteilos) räumt ein, dass sich das Planfeststellungsverfahren für die Elbvertiefung verzögert. Er geht aber davon aus, dass Ende 2011 mit dem Arbeiten dafür begonnen werden kann. Aus der Wirtschaft hieß es, dass frühestens 2014 mit dem Abschluss der Baumaßnahmen gerechnet werden könne.

2011

Die EU-Kommission billigt im Dezember die Elbvertiefung. Als nächstes sollen die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein ihr Einverständnis erklären. Der Bund und Hamburg rechnen damit, dass spätestens im Frühjahr 2012 die Planfeststellungsbeschlüsse erlassen werden können. Die EU-Kommission stellt fest, dass es zu diesem Vorhaben keine Alternativen gibt und die Eingriffe in die Natur durch die geplanten Ausgleichsmaßnahmen sogar quantitativ und qualitativ überkompensiert würden.

2012

Im März gibt Schleswig-Holsteins Landesregierung grünes Licht für die Elbvertiefung, Anfang April stimmt auch Niedersachsen zu. Damit ist die letzte politische Hürde genommen. Unterdessen warnen vor allem die norddeutschen Grünen vor einer Kostenexplosion bei dem Großprojekt - vergleichbar mit der Entwicklung bei der Hamburger Elbphilharmonie. Demnach werde die Elbvertiefung statt der erwarteten 385 Millionen Euro insgesamt mehr als 600 Millionen Euro verschlingen. Ende April erlassen die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord und die Hamburger Wirtschaftsbehörde den Planfeststellungsbeschluss. Umweltverbände und die Kommunen Cuxhaven und Otterndorf reichen Anfang Juli vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Klagen gegen das Projekt ein. Zudem stellen die Umweltschützer einen Eilantrag, damit die Bagger-Arbeiten nicht beginnen, solange der Prozess läuft. Im Oktober gibt das Bundesverwaltungsgericht dem Eilantrag statt. Damit dürfen die Baumaßnahmen vorerst nicht startet. Im November gehen in Hamburg rund 2.000 Hafenarbeiter für die Elbvertiefung auf die Straße - sie fürchten um ihre Jobs. Ende November kündigt Hamburgs Bürgermeister Scholz an, dass der Hafen die Anlaufkosten für große Containerschiffe senkt. Nach Ansicht des Senats ist dies bis zu einer Elbvertiefung notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens zu erhalten.

2013

Die Hoffnungen der Hamburger Hafenwirtschaft auf eine schnelle Entscheidung zur Elbvertiefung bekommen Mitte Januar einen weiteren Dämpfer aus Leipzig: Das Bundesverwaltungsgericht will die öffentliche Anhörung zur Klage von Umweltschützern erst im vierten Quartal des Jahres anberaumen. Ein Urteil erwarten Experten deshalb erst für 2014. Im April wird eine Studie veröffentlicht. Diese bewertet die Elbvertiefung als extrem riskant. Aus dem "Winterwerp Report" geht hervor, dass die Vertiefung das Ökosystem bedrohen könnte. Das niederländische Umweltministerium hatte das Gutachten in Auftrag gegeben. Die Hamburger Hafenbehörde verteidigt daraufhin das Projekt. Die Grundaussage der Studie sei nichts Neues. Der WWF stellt im Mai ein Gutachten für eine Seehafenkooperation in Norddeutschland vor. Eine erneute Vertiefung von Elbe und Weser wäre demnach unnötig.

2014

Im Juli verhandelt das Bundesverwaltungsgericht fünf Tage lang mündlich über die Elbvertiefung. Am 2. Oktober vertagt es seine Entscheidung: Demnach müssen vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) noch offene Fragen zum EU-Recht beantwortet werden, bevor über die Klagen von Umweltverbänden entschieden wird.

2015

Die neue rot-grüne Regierung in Hamburg bekennt sich im April in ihrem Koalitionsvertrag zur Elbvertiefung. Trotz der Bedenken der Parteibasis würden die Grünen ein Ja des Bundesverwaltungsgerichts hinnehmen, erklärte Hamburgs Grünen-Chefin Katharina Fegebank.

2016

Ende Dezember verhandelt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erneut drei Tage lang. Am ersten Verhandlungstag steht der Tidenhub der Elbe im Mittelpunkt. Streit gibt es über die Prognosen, wie sich Ebbe und Flut durch die Elbvertiefung verändern werden. Die Planer gehen davon aus, dass der Tidenhub durch eine erneute Vertiefung der Elbe maximal sechs Zentimeter steigt. Die klagenden Umweltschützer von Nabu, BUND und WWF sprechen von mindestens dreimal so viel Tidenhub und berufen sich auf ein neues Gutachten der Uni Hamburg.

Hamburg und der Bund machen am zweiten Verhandlungstag neue Zugeständnisse - beispielsweise darf künftig nicht mehr das ganze Jahr über Schlick gebaggert und umgelagert werden. Als Etikettenschwindel bezeichnete der Vorsitzende Richter eine Ausgleichmaßnahme, mit der Hamburg die möglichen Schäden an der Natur kompensieren will: ein deutlicher Warnschuss des Gerichts in Richtung der Planer der Elbvertiefung.

2017

Am 9. Februar spricht das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig sein lang erwartetes Urteil. Die Richter genehmigen die Elbvertiefung grundsätzlich. Bestimmte Teile der Pläne seien rechtswidrig, können aber nachgebessert werden. Die Richter rügen vor allem die geplanten Maßnahmen zur Wiederansiedlung des geschützten Schierlings-Wasserfenchels. Vorerst können die Bauarbeiten nicht beginnen. Die Elbvertiefungs-Planer müssen nachbessern.

2018

Die Stadt Hamburg sieht sich endlich am Ziel. "Mit dem 3. Planergänzungsbeschluss schaffen wir Baurecht für die Fahrrinnen-Anpassung", sagt Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) im August. Die ersten Bauarbeiten sollen in Kürze beginnen. Der gefährdete Schierlings-Wasserfenchel soll nun auf der Billwerder Insel eine neue Heimat finden. Umweltschützer drohen mit weiteren Klagen.

2019

Nachdem auch die letzte Beschwerde gegen die Baggerarbeiten zurückgezogen worden ist, gibt es nach 17 Jahren Planung und juristischer Auseinandersetzungen im Juli offiziell das Startsignal zur Elbvertiefung. Im Beisein von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) beginnen die ersten Arbeiten bei Wedel.

dossier
Containerschiff © picture-alliance / HB-Verlag Foto: Mike Schröder

Elbvertiefung: Baggern für mehr Tiefgang

Die neueste Elbvertiefung ist seit Jahren ein Zankapfel zwischen der Hafenwirtschaft und Umweltschützern. NDR.de bietet einen Überblick über Pläne und Risiken der Fahrrinnen-Anpassung. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 23.07.2019 | 14:00 Uhr

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