Vier Jahre Haft wegen Überfällen auf Hamburger Biomärkte

Stand: 15.12.2022 16:46 Uhr

Seine Geschichte sei ungewöhnlich, aber nicht unplausibel, so der Vorsitzende Richter. Der 44-jährige Familienvater hatte ausgesagt, dass er vor Jahren über einen Freund in Kontakt mit Drogenhändlern gekommen sei. Diese hätten ihn seitdem um Geld erpresst, ihn immer wieder geschlagen und bedroht. Weil er irgendwann kein Geld mehr hatte, habe er aus Verzweiflung mit den Raubüberfällen begonnen. Das Gericht befragte dazu viele Zeuginnen und Zeugen aus dem Umfeld des Angeklagten - und ist davon überzeugt: Die Geschichte stimmt.

Angeklagter gilt als vermindert schuldfähig

Zum Angeklagten sagte der Richter: "Diese Drogenhändler haben in Ihnen einen empfindsamen und ängstlichen Menschen gesehen, mit dem sie es einfach machen konnten." Der 44-Jährige sei durch diese Vorgeschichte traumatisiert, deshalb gilt er als vermindert schuldfähig. Weil er Familie und an sich ein geregeltes Leben hat, wird er vorerst von der Untersuchungshaft verschont.

Staatsanwaltschaft hatte höhere Strafe gefordert

Die Anklage hatte dem Mann Raub in sechs Fällen vorgeworfen, davon fünf in besonders schwerem Fall - sowie versuchte schwere räuberische Erpressung in einem Fall. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten für den Angeklagten. Die Verteidigung hingegen plädierte auf eine milde Strafe, ohne ein bestimmtes Maß zu nennen. Sie sprach aufgrund von Alkohol- und Drogenproblemen sowie einer posttraumatischen Belastungsstörung von einer verminderten Schuldfähigkeit.

Sechs Überfälle auf Filiale einer Biomarkt-Kette

Der Beschuldigte hatte zwischen dem 24. August 2021 und dem 6. Mai 2022 Filialen einer Biomarkt-Kette überfallen - immer maskiert mit einer Latex-Maske, die das Gesicht eines alten Mannes darstellt. Er schlug laut Anklage fast immer im selben Laden in der Fruchtallee im Stadtteil Eimsbüttel zu, nur einmal in Eppendorf. Dabei soll er eine Soft-Air-Waffe dabeigehabt haben. Auch in einer Pizza-Filiale in Groß Borstel soll er Geld gefordert haben. Ein Zeuge packte ihn aber am Arm und schubste ihn aus dem Laden. Bei den Überfällen hat der Mann laut Anklage insgesamt mehr als 4.100 Euro erbeutet.

Angeklagter berichtet von Erpressung

Unter Tränen hatte der Angeklagte in seinem Geständnis erklärt, wie es so weit kommen konnte: Zwei alte Bekannte hätten ihn über Jahre erpresst und immer wieder Tausende Euro von ihm gefordert. Er habe diesen Druck vor seiner Familie und seinem Arbeitgeber verheimlicht, aus Angst viel getrunken und sich verschuldet. Schließlich habe er keinen anderen Ausweg als die Überfälle gesehen. Der Angeklagte bat Inhaber und Angestellte der Biomärkte in seinem sogenannten letzten Wort um Entschuldigung.

Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 15.12.2022 | 17:00 Uhr

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