Teppichhändler in der Speicherstadt bangen um ihre Zukunft
Teppichhändler in der Speicherstadt müssen Ende Dezember in ein Ausweichquartier umziehen. Für viele ist das gerade in Corona-Zeiten eine schwere Belastung.
Am Brooktorkai ist der Orient zu Hause. Auch wenn es von den ehemals fast 300 Teppichhändlerinnen und -händlern nur noch knapp 50 gibt. Mir Sadeg Heydarimani hat das Geschäft von seinem Vater übernommen, genauso wie Amin Motamedi. Corona brachte Umsatzeinbußen von bis zu zwei Dritteln. Die Nachfrage und die Lieferketten sind gleichermaßen zusammengebrochen. Ende Dezember müssen sie nun auch noch ausziehen, da das Gebäude saniert werden soll.
HHLA bietet Ausweichflächen an
"Es ist schon so, dass wir Corona-bedingt eine Belastung haben. Und dann auch noch ein Umzug in diesem Ausmaß. Das ist nicht günstig", sagt Motamedi. Der Speicherblock V ist 115 Jahre alt und einer der letzten, die sich noch fast im Urzustand befinden. Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) ist die Vermieterin der Räumlichkeiten - sie bietet den Teppichhändlerinnen und -händlern nun Ausweichflächen an, die sich zwei Straßen weiter am Alten Wandrahm befinden.
Händler finden die Lösung nicht fair
"Wir müssen irgendwo in die sechste oder siebte Etage, ohne Fahrstuhl, nicht saniert, etwa 50.000 oder 60.000 Euro Kosten", sagt Heydarimani. Aus dem HHLA-Hauptquartier gegenüber heißt es, man habe die Händler bereits vor anderthalb Jahren informiert. Nur hat Corona mittlerweile ganze Branchen in die Knie gezwungen. "Wir haben für alle Mieter eine sehr transparente und faire Lösung im Umgang mit Corona gefunden, sodass wir hier keine Sonderlösung für die Teppichhändler erkennen können", sagt Michael Fussner, kaufmännischer Geschäftsführer im Bereich Immobilien bei der HHLA.
Speicherstadt wandelt sich
Viele Teppichhändlerinnen und -händler fragen sich, was sie der Stadt Hamburg noch wert sind. In der Vergangenheit jedenfalls sehr viel. Zuletzt, als die Speicherstadt Weltkulturerbe geworden ist, da waren der damalige Bürgermeister Olaf Scholz und der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (beide SPD) zu Besuch. Wie sich die Speicherstadt wandelt, sieht man in den bereits sanierten Speichern. Lagerflächen, die weniger Miete bringen, sind die Ausnahme. "Ich denke, dass die Speicherstadt nicht ganz so bunt sein wird. Allein all die Farben, die man hier so um sich hat, die werden mehr und mehr verschwinden", sagt Motamedi.
HHLA strebt "traditionellen Mieter-Mix" an
In ihrem offiziellen Entwicklungskonzept sieht die Stadt für den Speicherblock V noch eine Weiterführung der gegenwärtigen Nutzung vor. Auf Nachfrage will die HHLA eine Rückkehr der Teppichhändler zumindest nicht ausschließen."Wir streben in der Tat einen sehr bunten, lebendigen Mieter-Mix an. Das heißt aber nicht, dass traditionelle Mieter hier unberücksichtigt bleiben, im Gegenteil. Auch für den Erhalt dieses Weltkulturerbes halten wir es für für wesentlich, diesen traditionellen Mieter-Mix aufrecht zu erhalten", sagt der HHLA-Verantwortliche Fussner.
Viele haben die angebotene Ausweichfläche angenommen. Motamedi überlegt noch. Heydarimani aber will in Speicherblock V bleiben, die Umzugskosten kann er ohnehin nicht aufbringen. Ihn bekommt, so sagt er, nur der Gerichtsvollzieher raus.
