Marion Dönhoff Preis für Memorial-Mitgründerin Scherbakowa

Stand: 04.12.2022 15:39 Uhr

Im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg ist am Sonntag der Marion Dönhoff Preis für internationale Verständigung und Versöhnung verliehen worden. Er ging in diesem Jahr an die Mitgründerin der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial, Irina Scherbakowa. Den Förderpreis bekam die Tafel Deutschland.

Die Laudatio für Scherbakowa hielt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sei die Auszeichnung Scherbakowas ein "eindeutiges politisches Signal zur richtigen Zeit", sagte Scholz. Von Menschen wie der 73-jährigen russischen Historikerin gehe die Botschaft aus, "ein anderes, besseres, helleres Russland ist möglich".

Memorial bekommt auch den Friedensnobelpreis

Die Jury des Preises zeichnete Scherbakowa für ihren Einsatz für die Demokratisierung und Humanisierung der russischen Gesellschaft aus. Seit Jahrzehnten wirke sie an der Aufklärung der Verbrechen des Stalinismus mit. Ihre Organisation Memorial, die im vergangenen Jahr in Russland verboten wurde, erhält in der kommenden Woche in Oslo gemeinsam mit anderen Menschenrechtlern aus Belarus und der Ukraine auch den Friedensnobelpreis.

Scherbakowa: "Es gibt dieses andere Russland"

Scherbakowa sagte, als Historikerin habe sie immer gedacht, mit der Aufarbeitung des Stalinismus für Freiheit und Demokratie sorgen zu können. "Wenn wir den Menschen zeigen, wie es war, gerade der jüngeren Generation, dann werden sie gegen die Verlockungen einer neuen Diktatur geimpft", habe sie geglaubt. Die Realität sei im Moment eine andere. "Wenn man sein Lebenswerk von einer Diktatur zertreten sieht, dann besteht die Gefahr, aber auch die Verlockung der Hoffnungslosigkeit", warnte sie. Doch für sie sei es wichtig, den Menschen zu zeigen: "Es gibt dieses andere Russland, es schweigt nicht."

Förderpreis für die Tafel

Der Förderpreis ging in diesem Jahr an die Tafel Deutschland. Es gehöre zur "bitteren Wahrheit unseres Landes, dass viele Menschen aus unterschiedlichsten Gründen in Armut leben", sagte Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) in ihrer Laudatio. Die deutschlandweit mehr als 960 Tafeln mit ihren mehr als 60.000 Helferinnnen und Helfern machten auf Lebensmittelverschwendung aufmerksam und sorgten dafür, "dass Essen hinkommt, wo es hingehört: nämlich auf den Teller". Die Tafeln leisteten in Krisenzeiten Herausragendes. "Ihre Arbeit ist heute wichtiger als jemals zuvor", sagte Fegebank.

Preise mit jeweils 20.000 Euro dotiert

Die von der "Zeit" und der "Zeit"-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius und der Marion Dönhoff Stiftung verliehenen und mit jeweils 20.000 Euro dotierten Preise werden zum 20. Mal vergeben. Sie sind nach der ehemaligen "Zeit"-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff benannt, die 1909 in Königsberg geboren wurde und 2002 in Hamburg starb.

Weitere Informationen
Irana Scherbakowa © Screenshot
2 Min

Friedensnobelpreisträgerin Scherbakowa besucht Hamburg

Ihre Organisation Memorial setzt sich für Menschenrechte ein. In der Körber-Stiftung sprach die Russin nun über ihr Heimatland. 2 Min

Mitarbeiter der Hamburger Tafel sortieren gespendete Lebensmittel. © Axel Heimken/dpa

Bilanz: Mehr als 35 Tonnen Spenden für die Hamburger Tafel

Die Tafel hatte an drei Tagen in Hamburger Einkaufszentren Lebensmittel und Hygiene-Artikel für Bedürftige gesammelt. mehr

Marion Gräfin Dönhoff 1972. © picture-alliance/ dpa Foto: Lothar Heidtmann

Marion Gräfin Dönhoff - Mit Mut Meinung bilden

Ob in der Schule oder im Widerstand: Marion Gräfin Dönhoff war oft die einzige Frau unter Männern. Auch bei der "Zeit" stellte sie Weichen. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 04.12.2022 | 15:00 Uhr

Mehr Nachrichten aus Hamburg

Blick vom Baakenhöft über die Norderelbe auf die Baustelle des Westfield Überseequartiers in der Hamburger Hafencity. © picture alliance / dpa Foto: Markus Scholz

Hafencity-Einkaufszentrum: Spekulationen über verschobene Eröffnung

Warum wurde die Eröffnung des Westfield Überseequartiers in der Hafencity verschoben? Etwas Licht in die Sache bringt ein Blick auf die Baustelle und das Gespräch mit Mietern und Anwohnern. mehr