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In die Zukunft und zurück - das Festival Ultraschall Berlin

Dienstag, 14. Februar 2023, 21:00 bis 22:00 Uhr

Séverine Ballon und Andreas Göbel auf der Bühne des Ultraschall Festivals Berlin 2023 © Deutschlandradio / Simon Detel
Die Cellistin Séverine Ballon und Festivalleiter Andreas Göbel beim Eröffnungskonzert des Festivals Ultraschall Berlin.

Geht es darum eine der Zielsetzungen von Ultraschall Berlin zu nennen, so betont Festivalleiter Andreas Göbel, dass man nicht von vornherein Motti oder Themen setzen wolle. "Wir möchten Ensembles, Komponistinnen und Komponisten eine Plattform bieten." Andreas Göbel ist Redakteur bei RBB Kultur, dem Rundfunk Berlin Brandenburg. Mit Rainer Pöllmann leitet er Ultraschall Berlin gemeinsam. Rainer Pöllmann, Redakteur bei Deutschlandfunk Kultur, ergänzt: "Wir machen keine thematischen Einengungen, wir vergeben keine Auftragswerke mit einer bestimmten Zielstellung, Künstlerinnen und Künstler haben hier die größtmögliche Freiheit."

Kontrastreiche Konzerte

Ultraschall Berlin ist im Unterschied zu den Donaueschinger Musiktagen und den Wittener Tagen für neue Kammermusik kein reines Uraufführungs-Festival. Es möchte daher auch die Geschichte der Avantgarde abbilden, und die beginnt nach dem zweiten Weltkrieg. Rainer Pöllmann hat dafür den Begriff vom "historischen Hallraum" erfunden: "Wir haben mittlerweile sieben Jahrzehnte voll von berühmten Werken, von guter Musik, aber auch vergessenen Werken, von Werken, die noch nicht den richtigen Kontext gefunden haben." Ultraschall Berlin wolle diesen Kontext schaffen, sagt Rainer Pöllmann. Beispielsweise spielte das "trio recherche" in einem Konzert zwei Streichtrios von Helmut Lachenmann. Das erste schrieb der Grand Seigneur der Neuen Musik in Deutschland 1965 mit 30 Jahren, das zweite 2021/22 mit über 85 Jahren, es liegen also mehr als 50 Jahre zwischen den beiden Kompositionen. Ultraschall Berlin bot den Kontrast dieser beiden Schaffensmomente.

Orchesterwerke beim "Ultraschall Berlin"

Ein dritter Aspekt des 1999 gegründeten Festival Ultraschall Berlin sind Orchesterwerke. Von Anfang an wirkten zwei Rundfunk Orchester beim Festival mit: Das Deutsche Sinfonieorchester Berlin und das Rundfunk Sinfonieorchester Berlin. Rainer Pöllmann: "Wir beweisen jedes Jahr aufs Neue, und so auch in diesem Jahr, dass das Orchester, diese große, traditionsreiche Besetzung auch im 20. und  21. Jahrhundert noch ganz viel zu sagen hat, bzw. die Komponistinnen und Komponisten damit viel zu sagen haben."

Drei Orchesterkonzerte bot die diesjährige Ausgabe. Eines hatte auch einen brisanten tagespolitischen Aspekt. Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin spielte unter der Dirigentin Susanne Blumenthal unter anderem drei Werke, das eine von der ukrainischen Komponistin Anna Korsun ("In einem anderen Raum" für Orchester mit Smartphones), das andere von der belarussischen Komponistin Oxana Omelchuk (Harmoniemusiken) und ein drittes von dem russischen Komponisten Sergej Newski (Stufen der Ideen für zwanzig Solostsreicher und Sprecher auf einen Text von Lew Tolstoi). Festivalleiter Andreas Göbel sagt, im Bereich der Kunst und Kultur könne man mit aller Sensibilität, etwas zusammenbringen, was derzeit politisch und denkbar wäre. "Aber natürlich achten wir auch darauf, wen wir da einladen. Im Zentrum des Konzerts steht der russische Komponist Sergej Newski. Das ist ein Komponist, der sich auch schon vor Beginn des Krieges in der Ukraine, ganz klar gegen Nationalismus gestellt hat. Der auch von Anbeginn an nie einen Hehl daraus gemacht hat, dass er diesen Krieg auf das schärfste verurteilt."

Inspirierender Tabubruch

Ein weiteres Konzert hatte eine politische Dimension. Die iranisch-amerikanische Bratschistin Muriel Razavi hat eine audiovisuelle Solo-Performance konzipiert, bei der sie die Situation der Frauen im Iran thematisiert. Es werden Werke von vier iranischen Komponistinnen gespielt. Muriel Razavi hat sich von einer Gedichtzeile der 2014 verstorbenen Schriftstellerin Simin Behbahani inspirieren lassen und ihre Performance danach benannt: "ancient eve is once again offering apples" ("die alte Eva bietet noch einmal Äpfel an"). Simin Behbahani sei ihrer Zeit voraus gewesen, erklärt Muriel Razavi: "Sie schreibt aus der Perspektive von Eva: Ich bin Eva, kommt Adam, ich biete dir meine Äpfel an, eine Frau, die ihre sexuelle Begierde offen ausspricht. Und sie begeht einen Tabubruch, der weltweit in allen Gesellschaften eigentlich noch gilt: Sexualität im hohen Alter."

Elf Konzerte in fünf Tagen bot Ultraschall Berlin vom 18. bis 22. Januar 2023 - Kammermusik, Orchesterwerke, großformatige Werke mit Elektronik und mehr.

Eine Sendung von Elisabeth Richter.

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Neben einem Schallplattenspieler liegen Kopfhörer. © Photocase Foto: cosendolas

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Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

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